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HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 289

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 590/08, Beschluss v. 27.01.2009, HRRS 2009 Nr. 289


BGH 5 StR 590/08 - Beschluss vom 27. Januar 2009 (LG Frankfurt/Oder)

Recht des Angeklagte auf das letzte Wort (Antrag auf Haftfortdauer).

§ 258 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Dem Angeklagten steht gemäß § 258 Abs. 3 StPO das Recht zu, als letzter noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, dem Angeklagten die Möglichkeit einzuräumen, seine Auffassung noch unmittelbar vor der Beratung und Verkündung des Urteils darlegen zu können.

2. § 258 Abs. 2 StPO ist bereits dann verletzt, wenn nach den Schlussvorträgen und einem "letzten Wort" des Angeklagten die Staatsanwaltschaft ohne Wiedereintritt in die Verhandlung den Antrag auf Haftfortdauer stellt und dem Angeklagten im Anschluss daran nicht erneut Gelegenheit zu einem letzten Wort gegeben wird.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. August 2008 mit den Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit es den Beschwerdeführer betrifft.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlich mit seiner Ehefrau begangenen Totschlags durch Unterlassen in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat mit der auf einen Verstoß gegen § 258 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg, weil dem Angeklagten nach einem Antrag des Staatsanwalts zur Frage der Haftfortdauer nicht erneut das letzte Wort erteilt worden ist (vgl. hierzu BGH StV 1992, 551 f.).

Zutreffend führt der Generalbundesanwalt aus:

"In dem Vorgehen des Gerichts ist ein Verstoß gegen § 258 Abs. 2, 3 StPO zu sehen. ... [Es] musste dem Angeklagten im vorliegenden Fall - unabhängig von einem Wiedereintritt in die Verhandlung - das letzte Wort noch einmal erteilt werden, weil ihm gemäß § 258 Abs. 3 StPO das Recht zusteht, als letzter noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen.

Die Vorschrift des § 258 Abs. 2, 3 StPO verfolgt den Zweck, dem Angeklagten die Möglichkeit einzuräumen, seine Auffassung noch unmittelbar vor der Beratung und Verkündung des Urteils darlegen zu können (vgl. BGH NStZ 1993, 551; BGH NJW 1976, 1951).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits der Schuldspruch auf der Nichterteilung des letzten Wortes beruht. Denn der Angeklagte war nicht vollständig geständig (vgl. BGHSt 48, 181 ff.; BGH StV 1992, 551, 552)."

Da sich das weitere Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Beschwerdeführer richtet, erfolgt die Zurückverweisung an das Schwurgericht (BGHSt 35, 267).

HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 289

Bearbeiter: Ulf Buermeyer