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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 367/91, Beschluss v. 17.03.1992, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 367/91 - Beschluss vom 17. März 1992 (OLG Düsseldorf)

BGHSt 38, 231; Umfang der Feststellungen bei Verhängung eines Fahrverbots; Bußgeldverfahren.

§ 25 Abs. 2 S. 1 StVG; § 2 Abs. 2 S. 2 BKatV

Leitsatz

In den Fällen des § 2 Abs. 2 S. 2 Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) ist die Anordnung eines Fahrverbots zulässig, ohne dass es näherer Feststellung bedarf, der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg könne auch mit einer erhöhten Geldbuße nicht erreicht werden. Der Tatrichter muss sich dessen aber ausweislich der Gründe seiner Entscheidung bewusst gewesen sein (im Anschluss an BGH, 28. November 1991, 4 StR 366/91). (BGHSt)

Entscheidungstenor

In den Fällen des § 2 Abs. 2 S. 2 Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) ist die Anordnung eines Fahrverbots zulässig, ohne dass es näherer Feststellung bedarf, der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg könne auch mit einer erhöhten Geldbuße nicht erreicht werden. Der Tatrichter muss sich dessen aber ausweislich der Gründe seiner Entscheidung bewusst gewesen sein (im Anschluß an BGH, 28. November 1991, 4 StR 366/91).

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der auf 80 km/h begrenzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 33 km/h eine Geldbuße von 150.-- DM festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Gegen den Betroffenen war bereits durch einen seit dem 23. März 1990 rechtskräftigen Bußgeldbescheid eine Geldbuße von 200,--DM festgesetzt worden, weil er auf der BAB A 59 am 28. November 1989 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 50 km/h überschritten hatte. Im vorliegenden Fall befuhr der Betroffene am 24. April 1990 gegen 10.30 Uhr als Führer seines Personenkraftwagens die BAB A 57. Bei Kilometer 64,155 wurde durch eine Radarmessung festgestellt, daß der Betroffene die dort durch mehrfach aufgestellte Zeichen 274 StVO auf 80 km/h beschränkte Höchstgeschwindigkeit - nach Berücksichtigung eines Toleranzwertes von 4 km/h (3 %) - um 33 km/h überschritten hatte. Möglicherweise hatte der Betroffene die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht erkannt, weil er abgelenkt war.

Bei der Bemessung der Geldbuße hat der Tatrichter den für eine fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften im Bußgeldkatalog vorgeschriebenen Regelsatz als angemessen angesehen. Zur Anordnung des Fahrverbots hat das Amtsgericht u.a. ausgeführt:

"Den Umstand, daß der Betroffene bereits einmal einschlägig in Erscheinung getreten ist, hat das Gericht zum Anlaß genommen, ein Fahrverbot gemäß § 25 StVG zu verhängen, da der Betroffene die vorliegende Verkehrsordnungswidrigkeit unter beharrlicher Verletzung der Pflichten als Kraftfahrzeugführer begangen hat und eine weniger einschneidende Maßnahme, insbesondere die Erhöhung der Geldbuße, nicht mehr ausreicht... Gemäß § 2 Absatz 2 der neuen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalogverordnung kommt ein Fahrverbot regelmäßig in Betracht, wenn gegen den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft dieser Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Besondere Anhaltspunkte für außergewöhnliche Umstände, die ein Abweichen von der Regel rechtfertigen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Daß der Betroffene in ganz besonderem Maße auf sein Fahrzeug angewiesen ist, reicht jedenfalls nicht aus, hier ausnahmsweise nur eine erhöhte Geldbuße festzusetzen. Das Angefordertsein auf die Fahrerlaubnis konnte dem Betroffenen nur Anlaß sein, entsprechend verantwortungsbewußt zu fahren und nicht erneut einen derart schwerwiegenden Verkehrsverstoß zu begehen."

Der Betroffene wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung des Fahrverbots.

Der zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufene 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen. Nach seiner Ansicht bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Anordnung des Fahrverbots. Er ist der Auffassung, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV ohne weitere Feststellungen ein Fahrverbot verhängt werden könne: Die Frage, ob von der Anordnung des Fahrverbots ausnahmsweise abzusehen und statt dessen die Geldbuße gegenüber dem Regelsatz zu erhöhen sei, bedürfe nur dann einer Prüfung, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß der Sachverhalt von den Normalfällen des § 2 BKatV zugunsten des Betroffenen abweiche. Tatrichterliche Feststellungen seien demgemäß nicht erforderlich, um auszuschließen, daß ein Ausnahmefall vorliege, sondern nur, um einen Ausnahmefall zu begründen. Sei sich der Tatrichter - ausweislich der Entscheidungsgründe - bewußt, daß er von der Regel des Fahrverbots eine Ausnahme machen könne, sehe er im konkreten Fall aber keinen Anlaß für eine solche, so brauche er das im Urteil nicht näher zu begründen.

An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Düsseldorf durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 19. Juni 1990 - Ss 246/90 (NZV 1991, 37 = VRS 79, 305), des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 28. November 1990 - 2 ObWi 322/90 (NZV 1991, 120 = DAR 1991, 109 = VRS 80, 372) sowie des Oberlandesgerichts Celle vom 12. Dezember 1990 - 2 Ss (OWi) 410/90 (NZV 1991, 160) gehindert, in denen zu § 2 Abs. 1 BKatV die Auffassung vertreten wird, daß in den darin erfaßten Fällen im Hinblick auf die unverändert fortgeltenden Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juli 1969 (BverfGE 27, 36 = NJW 1969, 1623) die Anordnung eines Fahrverbots nur dann zulässig sei, wenn feststehe, daß der Erziehungszweck dieser Maßnahme im Einzelfall auch mit einer empfindlichen und im Wiederholungsfall auch mit einer erhöhten Geldbuße nicht erreicht werden könne. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat deshalb die Sache gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt:

"Ist in den Fällen des § 2 Abs. 2 Satz 2 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) die Anordnung eines Fahrverbots nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG nur dann zulässig, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, daß der angestrebte Erziehungserfolg in dem jeweiligen Einzelfall nicht auch durch eine gegenüber dem Regelsatz erhöhte Geldbuße erreicht werden kann?"

II.

Der Bundesgerichtshof hat über die Vorlegungsfrage bisher nicht entschieden. Es kann dahinstehen, ob das vorlegende Gericht durch die von ihm genannten Beschlüsse gehindert wäre, wie beabsichtigt zu entscheiden. Diese Beschlüsse betreffen ebenso wie der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 28. November 1991 - 4 StR 366/91- (zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots allein in den in § 2 Abs. 1 Satz 1 BKatV benannten Fällen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers. Die Voraussetzungen für eine Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG sind jedoch erfüllt, weil das Oberlandesgericht mit der beabsichtigten Entscheidung von den Beschlüssen des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Dezember 1990 - 1 Ws 213/90 - (VRS 81, 45 = DAR 1991, 230) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. März 1991 - 3 Ss OWi 1170/90 - (DAR 1991, 308) abweichen würde, die zu den in § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV bezeichneten Fällen beharrlicher Geschwindigkeitsüberschreitung ergangen sind. In der Sache teilt der Senat mit dem Generalbundesanwalt die Rechtsauffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts (im selben Sinne OLG Celle - 1. Senat für Bußgeldsachen - VRS 81, 49 = NZV 1991, 199; OLG Düsseldorf VRS 80, 367 = DAR 1991, 111; ferner NZV 1991, 398; OLG Stuttgart, DAR 1991, 468). Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang der §§ 25, 26 a StVG und des § 2 BKatV.

1. Die Vorschrift des § 25 StVG ist auch nach Inkrafttreten der Bußgeldkatalog-Verordnung am 1. Januar 1990 im Ordnungswidrigkeitenbereich alleinige Rechtsgrundlage für die Verhängung des Fahrverbots; sie hat durch die Ermächtigungsnorm des § 26 a StVG vom 28. Dezember 1982 (BGBl I S. 2090) und durch § 2 BKatV keine Änderung erfahren. Insbesondere haben § 26 a StVG und § 2 BKatV auch die besonderen Voraussetzungen unberührt gelassen, unter denen nach § 25 StVG im Rechtsfolgensystem des Ordnungswidrigkeitenbereichs ein Fahrverbot neben der Geldbuße ausgesprochen werden kann (Senatsbeschluß vom 28. November 1991 - 4 StR 366/91).

Das Straßenverkehrsgesetz sieht ein kurzfristiges Fahrverbot als Maßnahme der Pflichtenmahnung vor, wenn der Betroffene entweder wegen Führens eines Kraftfahrzeugs im alkoholisierten Zustand nach § 24 a StVG zur Verantwortung gezogen wird (§ 25 Abs. 1 Satz 2 StVG) oder gegen ihn wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt wird (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVG). In seinem zuletzt genannten Beschluß hat der Senat im einzelnen dargelegt, daß § 2 Abs. 1 BKatV für die in Satz 1 der Vorschrift näher bestimmten Fälle grober Pflichtverletzungen im Sinne der Ermächtigungsnorm des § 26 a Satz 2 StVG die Anordnungsvoraussetzungen eines Fahrverbots nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG als Regelmaßnahme konkretisiert. Auf die Begründung wird Bezug genommen. Für die von § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV erfaßten Fälle wiederholter Geschwindigkeitsüberschreitungen gilt im Ergebnis nichts anderes.

2. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV kommt ein Fahrverbot "in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht". Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit der zweiten Alternative in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG zu sehen, wonach auch wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers ein Fahrverbot angeordnet werden kann. Hierzu zählen solche Verkehrsverstöße, die nach ihrer Art oder den Umständen ihrer Begehung für sich allein betrachtet zwar nicht bereits zu den objektiv oder subjektiv groben Zuwiderhandlungen zählen, durch deren wiederholte Begehung der Fahrer jedoch erkennen läßt, daß es ihm an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt (Amtl. Begründung BT-Drucks. V/1319 S. 90; Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 31. Aufl. § 25 StVG Rdn. 2, 15). Mit § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV hat der Verordnungsgeber bestimmte Regel(Sonder)fälle aus dem bisher undifferenzierten Bereich beharrlicher Verkehrsverstöße des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG herausgenommen und rechtlich verselbständigt (OLG Celle VRS 81, 49, 53 = NZV 1991, 200 f). Für die darin erfaßten Fälle einer wiederholten erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung sollte den Behörden und Gerichten "eine verbindliche Richtschnur" an die Hand gegeben werden, "wie in diesem besonders unfallträchtigen Verhaltensbereich ein im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit wirksamer Gebrauch vom Instrument des Fahrverbots gemacht werden sollte, nachdem bisher das Fahrverbot wegen beharrlicher Pflichtverletzung von den Gerichten nur selten bestätigt wurde" (BR-Drucks. 140/89 S. 29). Mit der Regelung bezweckte der Verordnungsgeber - wie die Amtliche Begründung weiter ausweist- eine "gewisse Umkehr" gegenüber der bisherigen Rechtsprechung mit den von ihr gestellten überspannten Anforderungen, die die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG weithin aushöhlten (vgl. Jagusch/Hentschel aaO § 25 StVG Rdn. 15 b). Die wiederholte erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb relativ kurzer Zeit ist - so die Amtliche Begründung (BR-Drucks. aaO S. 30)- "Ausdruck dafür, daß der Kraftfahrer ein erhöhtes Maß an Gleichgültigkeit an den Tag gelegt, die Chance zur Besinnung nicht ergriffen hat und daß der erzieherische Erfolg daher auch mit einer wesentlich höheren Geldbuße nicht erreichbar ist. Unter diesen Umständen erscheint die Unrechtsfolge des Fahrverbots nicht nur als verhältnismäßig, sondern angesichts der Unfallsituation auf unseren Straßen als geboten, weil angesichts der offenbaren Tendenz zur erfolglosen Ausschöpfung des Bußgeldrahmens in der Spruchpraxis der Gerichte das Fahrverbot gerade für Wiederholungstäter im Geschwindigkeitsbereich die ihm ursprünglich zugedachte Bedeutung zurückerhalten muß". Diese Vorbewertung des Verordnungsgebers bindet Verwaltungsbehörden und Gerichte. Für eine Einzelfallprüfung, ob trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV eine beharrliche Pflichtverletzung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, die kein vorsätzliches Handeln zur Voraussetzung hat, zu verneinen ist (vgl. Mürbe NZV 1990, 94, 98; Jagusch/Hentschel aaO § 25 StVG Rdn. 15), ist danach nur noch eingeschränkt Raum. Entsprechend der Intention des Verordnungsgebers (vgl. dazu Janiszewski NJW 1989, 3113, 3118 f) indiziert vielmehr grundsätzlich die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV das Vorliegen eines beharrlichen Verstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG (OLG Düsseldorf NZV 1991, 398, 399), so daß es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf (vgl. OLG Hamm NZV 1991, 121).

3. Die Annahme eines durch § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV begründeten Regel-Ausnahme-Verhältnisses begegnet auch im Licht der mit Gesetzeskraft (vgl. § 31 Abs. 2 BVerfGG) versehenen Auslegung von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG durch das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 16. Juli 1969, BVerfGE 27, 36 = NJW 1969, 1623) keinen rechtlichen Bedenken. Nicht anders als § 2 Abs. 1 BKatV für die darin erfaßten Fälle grober Verkehrsverstöße wahrt § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV nicht nur die Verhältnismäßigkeit der Sanktion, sondern gewährleistet zudem die Gleichbehandlung der Betroffenen und erfüllt damit auch ein Gebot der Gerechtigkeit (vgl. Senatsbeschluß vom 28. November 1991 - 4 StR 366/91). In diesem Zusammenhang gewinnt der von dem Amtsgericht (UA 5) angedeutete Gesichtspunkt Bedeutung, daß es Kraftfahrer gerade aufgrund der Konkretisierung der in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG lediglich normativ umschriebenen Verkehrsverstöße, die nach der Bußgeldkatalogverordnung regelmäßig zur Verhängung eines Fahrverbots führen sollen, selbst in der Hand haben, ihr Verhalten im Verkehr so einzurichten, daß ihnen die im Einzelfall besonders lästige Sanktion (vgl. BVerfGE 27, 36, 42 = NJW 1969, 1623, 1624) nicht droht. Der Verordnungsgeber hat durch Konkretisierung der Anwendungsvoraussetzungen des Fahrverbots in § 2 Abs. 1 und 2 BKatV diese Rechtsfolge für die Teilnehmer am Straßenverkehr vorhersehbarer und berechenbarer gemacht. Er hat damit in Verfolgung des mit der Maßnahme angestrebten verkehrserzieherischen Zwecks dem Grundrechtsgebot normativer Bestimmtheit Rechnung getragen, welches eng mit dem Grundrechtsgebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel verknüpft ist (Dürig in Maunz/Dürig GG Art. 2 Abs. 1 Rdn. 64). Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird zudem dadurch gewahrt, daß beim Vorliegen eines Regelfalls nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV und damit eines beharrlichen Verkehrsverstoßes die Anordnung eines Fahrverbots nicht zwingend vorgesehen ist, sondern lediglich "in Betracht kommt". Diese Fassung trägt im Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung des Absatzes 4 einerseits der richterlichen Entscheidungsfreiheit Rechnung und erlaubt es, die Umstände des konkreten Falles in objektiver und subjektiver Hinsicht bei der Bewertung und Entscheidung zu berücksichtigen. Andererseits werden hierdurch aber auch die Gerichte der Verpflichtung enthoben, die Angemessenheit der verhängten Rechtsfolgen besonders zu begründen, wenn keine Anhaltspunkte für ein Abweichen ersichtlich sind. Wie der Senat bereits für die Fälle des § 2 Abs. 1 BKatV entschieden hat (Senatsbeschluß aaO), muß sich der Tatrichter aber einer solchen Möglichkeit bewußt sein und dies in den Entscheidungsgründen zu erkennen geben. Weist der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen wesentliche Besonderheiten auf, die nicht schon die Beharrlichkeit des Verstoßes als solche ausnahmsweise in Frage stellen, so kann der Tatrichter die Überzeugung gewinnen, daß trotz eines Regelfalls die Verhängung eines Fahrverbots unangemessen ist und der notwendige Warneffekt unter angemessener Erhöhung der Regelgeldbuße erreicht werden kann. Er hat dann dafür eine auf Tatsachen gestützte eingehende Begründung gemäß § 2 Abs. 4 BKatV zu geben (Senatsbeschluß aaO). Ob angesichts des Maßes und der Umstände der dem Betroffenen des vorliegenden Falles angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitungen Gründe vorliegen, die ausnahmsweise Anlaß geben könnten, von der Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.Verb.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV abzusehen (vgl. OLG Celle VRS 81, 49, 50 = NZV 1991, 199, 200; Grohmann MDR 1991, 1026, 1030), unterliegt in erster Linie tatrichterlicher Würdigung und ist nicht Gegenstand der Vorlage.

III.

Der Senat hat deshalb die Vorlegungsfrage entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts wie aus dem Leitsatz ersichtlich beantwortet.

Externe Fundstellen: BGHSt 38, 231; NJW 1992, 1397; NStZ 1992, 339

Bearbeiter: Rocco Beck