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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 710

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 347/15, Urteil v. 10.03.2016, HRRS 2016 Nr. 710


BGH 3 StR 347/15 - Urteil vom 10. März 2016 (LG Hamburg)

Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck ohne Genehmigung (Unrechtskontinuität gegenüber altem Recht; Eignung zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland; Begriff der Ausfuhr; Realakt; kein Sonderdelikt; Unterrichtung des Ausführers); Meistbegünstigungsprinzip; Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch (Bindungswirkung); Verfall von Wertersatz (regelmäßig keine Ermessensentscheidung über Absehen vom Verfall bei vorhandenem Vermögen; Vermeidung einer Doppelbelastung durch Abschöpfung und Besteuerung).

§ 18 AWG; § 2 Abs. 3 StGB; § 73 StGB; § 73a StGB; § 73c StGB; Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO

Leitsätze des Bearbeiters

1. § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AWG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO (Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck ohne Genehmigung) regelt kein Sonderdelikt. Angeknüpft wird an die Ausfuhr als Realakt, weshalb Täter grundsätzlich jedermann sein kann, der an dieser beteiligt ist. Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 25 ff. StGB. Der Begriff des Ausführers ist lediglich insoweit von Bedeutung, als dieser im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO unterrichtet werden muss, woraus jedoch nicht folgt, dass nur der Adressat der Unterrichtung tatbestandlich handeln kann.

2. Durch die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Strafausspruch wird das Revisionsgericht nicht nur an die tatsächlichen Feststellungen zur Schuldfrage, sondern auch an die sie betreffende rechtliche Würdigung im angefochtenen Urteil gebunden. Das gilt auch für den Fall einer unzutreffenden Einschätzung des Handelns eines Angeklagten als Beihilfe, obwohl an und für sich von Täterschaft auszugehen war.

3. Nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StGB kann das Gericht von der nach § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 73a Satz 1 StGB zwingenden Anordnung des Verfalls von Wertersatz nur absehen, wenn der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist. Dementsprechend ist eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB grundsätzlich nicht eröffnet, wenn der Verfallsschuldner über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem verfallbaren Betrag zurückbleibt, unabhängig davon, ob die vorhandenen Vermögenswerte einen Bezug zu den Straftaten aufweisen. Ein Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls ist nur dann nicht ausgeschlossen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das vorhandene Vermögen ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben wurde.

4. Eine Doppelbelastung durch Abschöpfung des Bruttobetrages einerseits und dessen Besteuerung andererseits ist zu vermeiden. Dies geschieht regelmäßig dadurch, dass der abgeschöpfte Betrag im Besteuerungsverfahren gewinnmindernd geltend gemacht wird; das Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG gilt mangels Strafcharakters der Verfallsanordnung nicht. Die Berücksichtigung einer nur voraussichtlichen Besteuerung im Strafverfahren hat zu unterbleiben. Ist jedoch das Besteuerungsverfahren abgeschlossen, darf der Betroffene nicht auf die eventuell gegebene Möglichkeit der Änderung des Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO verwiesen werden; vielmehr ist die bestandskräftig festgesetzte Steuerschuld mindernd zu berücksichtigen.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. April 2015 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit hinsichtlich der Nebenbeteiligten R. gesellschaft mbH eine über den Betrag von 355.618,38 € und hinsichtlich der Nebenbeteiligten S. GmbH eine über den Betrag von 57.846,62 € hinausgehende Anordnung des Verfalls von Wertersatz unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die hierdurch entstandenen Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die gegen die Angeklagten gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.

Die Angeklagten und die Nebenbeteiligten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Die Kosten der gegen die Angeklagten gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I. Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen gewerbsmäßiger Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck ohne Genehmigung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten L. wegen jeweiliger Beihilfe hierzu zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung beider Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Des Weiteren hat es Verfall von Wertersatz angeordnet: gegen den Angeklagten L. in Höhe von 10.656,71 €, gegen die R. gesellschaft mbH (nachfolgend: R. GmbH) in Höhe von 355.618,38 € und gegen die S. GmbH (nachfolgend: S. GmbH) in Höhe von 57.846,62 €. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten, der Nebenbeteiligten sowie der Staatsanwaltschaft, wobei letztere ihr jeweils zuungunsten eingelegtes Rechtsmittel betreffend die Angeklagten auf den jeweiligen Strafausspruch und betreffend die Nebenbeteiligten auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz beschränkt hat.

II. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte K. seit deren Gründung im Jahr 1985 alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter-Geschäftsführer der R. GmbH; der Angeklagte L. ist bei dieser seit 2000 als freier Mitarbeiter auf Provisionsbasis tätig. Zwischen der R. GmbH und dem iranischen Unternehmen P. mit Sitz in Teheran bestand eine langjährige Geschäftsbeziehung über die Lieferung von Rohstoffen für die Fertigung von Hochspannungsschaltanlagen einschließlich Schaltern. In der Vergangenheit - wie auch erneut seit Juli 2013 - erteilte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (nachfolgend: BAFA) stets erforderliche Genehmigungen für die Ausfuhr in den Iran bzw. erließ sogenannte Nullbescheide. Erstmals mit Bescheid vom 22. Oktober 2008 konstituierte das BAFA hinsichtlich der geplanten Ausfuhr von Aluminium-Vierkantstangen durch die R. GmbH an die P. eine Pflicht zur Genehmigung gemäß Art. 4 Abs. 1 VO (EG) 1334/2000 und verweigerte zugleich deren Erteilung (Fall III. 2. a. der Urteilsgründe). Hintergrund der Neubewertung war der im Jahr 2007 aufgekommene Verdacht, dass P. in die Beschaffung japanischer Technologie für das iranische Nuklearprogramm involviert gewesen sei. Entsprechende Entscheidungen ergingen am 20. Januar 2009 bezüglich der Ausfuhr von Stahlblechen (Fall III. 2. b. der Urteilsgründe), am 3. Februar 2009 bezüglich der Ausfuhr von Kupferrohren (Fall III. 2. d. der Urteilsgründe) und am 3. April 2009 bezüglich der Ausfuhr von Schmierstoffen und eines Rostschutzmittels, wobei hinsichtlich eines Teils der Schmierstoffe - 15 kg Molykote FS 3451 - bereits mit Bescheid vom Vortag eine Genehmigungspflicht nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1334/2000 festgestellt und diese Genehmigung versagt worden war (Fall III. 2. f. der Urteilsgründe). Teilweise eingelegte Widersprüche der R. GmbH wurden mit Bescheiden vom 29. Juni 2009 und vom 12. November 2009 zurückgewiesen, letzterer unter Bezugnahme auf Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 VO (EG) 428/2009 (nachfolgend einheitlich: Dual-Use-VO).

In Kenntnis der ablehnenden Bescheide lieferten die Angeklagten unter der gegenüber den beteiligten Zollämtern getätigten, wahrheitswidrigen Behauptung, es bestehe keine Genehmigungspflicht, die bestellten Güter an P. in den Iran. Auf diese Weise kam es zu der Ausfuhr von 8.240 kg Stahlblech am 18. Dezember 2009 (Fall III. 2. b. der Urteilsgründe), von 5.431,5 kg Kupferrohren am 14. Januar 2010 (Fall III. 2. d. der Urteilsgründe), von 1.336 kg Schmierstoffen und des Rostschutzmittels am 9. März 2010 (Fall III. 2. f. der Urteilsgründe) sowie von 3.551 kg Aluminium-Vierkantstangen am 12. April 2010 (Fall III. 2. a. der Urteilsgründe).

Dabei gaben die Angeklagten zur Verschleierung des tatsächlichen Vorgangs als Empfänger jeweils das Unternehmen Z. an, an dem die P. beteiligt war. Bereits zuvor war der in einem Teil der Fälle (III. 2. a., b., f. der Urteilsgründe) unternommene Versuch, durch Gründung der S. GmbH mit Sitz in B. die Ausfuhr über die Schweiz abzuwickeln, daran gescheitert, dass das schweizerische Pendant zum BAFA, das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, mit Bescheid vom 12. August 2009 die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen versagte, weshalb die weitere Geschäftsabwicklung von der R. GmbH durchgeführt wurde. Schließlich gewannen die Angeklagten in einem Fall (III. 2. f. der Urteilsgründe) einen ihrer Lieferanten, das Handelsunternehmen H., für sie die von P. begehrten Güter zu bestellen und nach ihren Vorgaben auszuführen. Dabei verschwiegen die Angeklagten gegenüber den Verantwortlichen der H. die bestehende Genehmigungspflicht.

Darüber hinaus führten die Angeklagten am 13. Juli 2009 6.176 kg Stahlbleche (Fall III. 2. c. der Urteilsgründe), am 24. August und 14. Oktober 2010 insgesamt 10.740 kg Kupferrohre (Fall III. 2. e. der Urteilsgründe) sowie am 18. März 2011 9.701 kg Stabstahl (Fall III. 2. g. der Urteilsgründe) an die P. aus, ohne - bezüglich der Stahlbleche - die Verbescheidung eines gestellten Antrags abzuwarten bzw. ohne - bezüglich der Kupferrohre und des Stabstahls - einen Antrag auf Genehmigung beim BAFA zu stellen. Auch insoweit wurden zur Verschleierung des wahren Geschehens Scheinempfänger angegeben.

In allen Fällen waren die ausgeführten Güter - wenn auch von untergeordneter Bedeutung - mittelbar zum Einsatz in einem der in Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO genannten Bereiche geeignet. Tatsächlich wurden sie jedoch einer zivilen Verwendung zugeführt. Während der Angeklagte K. den direkten persönlichen Kontakt zu den iranischen Kunden hielt und die Pflege der allgemeinen Geschäftsbeziehungen wahrnahm, führte in enger Abstimmung mit ihm der Angeklagte L. den Großteil des anfallenden Schriftverkehrs; insbesondere wurde er gegenüber dem BAFA jeweils als Ansprechpartner bei der R. GmbH genannt. Beide Angeklagte handelten in der Absicht, sich durch ihr Vorgehen eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen, sei es mit Blick auf das als Geschäftsführer von der R. GmbH bezogene Gehalt (Angeklagter K.), sei es mit Blick auf die ihm im Erfolgsfalle zustehenden Provisionszahlungen (Angeklagter L.). Die Ausfuhren wurden seitens der P. mit insgesamt 444.164,40 € vergütet, wobei 65.351,82 € auf das Konto der S. GmbH flossen (Fall III. 2. f. der Urteilsgründe), der Rest (378.812,58 €) gelangte auf Konten der R. GmbH.

III. Die Strafkammer hat eine Strafbarkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF angenommen, weil es sich hierbei um das gegenüber § 33 Abs. 4 Satz 1, § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2 AWG aF, § 70 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 AWV aF mildere Recht handele (§ 2 Abs. 3 StGB). Die faktische Durchführung der Ausfuhr durch die H. (Fall III. 2. f. der Urteilsgründe), ändere nichts daran, dass es sich bei dem Angeklagten K. als verantwortlich Handelndem der R. GmbH um den Ausführer im Sinne des Außenwirtschaftsrechts gehandelt habe. Allein wegen des an die Ausführereigenschaft anknüpfenden Sonderdeliktscharakters sei hinsichtlich des Angeklagten L., der selbst gewerbsmäßig gehandelt habe, lediglich eine Verurteilung wegen Beihilfe in Betracht gekommen, weshalb neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB kein Raum für eine solche gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB gewesen sei. Der hinsichtlich dieses Angeklagten angeordnete Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.656,71 € ergebe sich aus den von diesem vereinnahmten - soweit nicht buchhalterisch belegt in Höhe von 2% des erzielten Erlöses geschätzten - Provisionszahlungen abzüglich der hierauf entfallenden Steuerlasten. Auch hinsichtlich der Nebenbeteiligten habe die Kammer im Rahmen des ihr durch § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eröffneten Ermessens von den durch die Ausfuhr erwirtschafteten Beträgen jeweils die bestandskräftig festgesetzte Steuer sowie die - insoweit, falls erforderlich, mit 4% geschätzten - Provisionszahlungen an den Angeklagten L. in Abzug gebracht.

IV. Revisionen der Angeklagten

Den Rechtsmitteln der Angeklagten bleibt ein Erfolg versagt.

1. Die von beiden Angeklagten wortgleich erhobene Beanstandung eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 3 StPO ist unbegründet. Sie hatten jeweils die Vernehmung eines instruierten Vertreters des Bundesnachrichtendienstes zum Beweis der Tatsache beantragt, dass die nachrichtendienstlichen Hinweise, aufgrund derer P. eine negative Neubewertung durch das BAFA erfahren habe, auf einem in einem japanischen Zeitungsbericht geäußerten Verdacht beruht hätten und sich dieser Verdacht nachträglich als falsch erwiesen habe. Das Landgericht hat es als erwiesen erachtet, dass die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse auch auf dem benannten Zeitungsbericht beruhten und dem Begehren im Übrigen die Beweisantragsqualität abgesprochen.

Der Senat muss weder entscheiden, ob letzteres zutreffend war, noch, ob die Revisionsführer gehalten gewesen wären, bereits in der Hauptverhandlung darauf hinzuweisen, dass das Landgericht den gestellten Antrag mit einer den Sinn des Beweisbegehrens verfehlenden Begründung abgelehnt habe (vgl. jeweils LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 99, 371 mwN). Denn das Urteil beruht nicht auf einer etwaigen fehlerhaften bzw. unzureichenden Zurückweisung. Die unter Beweis gestellten Tatsachen waren aus Rechtsgründen für den Schuldspruch offensichtlich ohne Bedeutung. Für die Strafbarkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AWG nF bzw. § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG aF kommt es aufgrund der Verwaltungsakzessorietät dieser Vorschriften auf die materielle Rechtmäßigkeit der jeweiligen Verwaltungsakte des BAFA nicht an. Die behauptete tatsächliche Genehmigungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Ausfuhren kann lediglich im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung erlangen. Dem hat das Landgericht indes schon dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass es ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt hat, dass die gelieferten Güter einer zivilen Verwendung zugeführt wurden und dass die R. GmbH bis zuletzt erhebliche Umsatzeinbußen erlitt, obwohl bereits seit Ende 2012 hinsichtlich einer möglichen Einbindung der P. in das iranische Nuklearprogramm nur noch von „nicht bestätigten Hinweisen“ ausgegangen wurde und Ausfuhren an diese wieder genehmigt bzw. Nullbescheide erlassen wurden.

2. Auch die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

a) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen das Bestehen der vom Landgericht angenommenen Genehmigungspflichten nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO.

Hinsichtlich der für eine Genehmigungspflicht nach Art. 3 Abs. 1 Dual-Use-VO erforderlichen Listung des auszuführenden Gutes in Anhang I der Verordnung hat das Landgericht - unter Bezugnahme auf den Bescheid des BAFA - zwar lediglich mitgeteilt, dass der Schmierstoff Molykote FS 3451 unter Position 1C006 des Anhangs I falle. Eine ausdrückliche Zuordnung unter die im Einzelnen aufgeführten Eigenschaften der Stoffe hat es nicht vorgenommen. Aufgrund der mitgeteilten konkreten Typenbezeichnung ist es dem Senat jedoch anhand allgemein zugänglicher Quellen möglich nachzuvollziehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - 3 StR 57/11, NStZ 2011, 702), dass es sich bei Molykote FS 3451 - wie von Position 1C006 b) 2. Anhang I Dual-Use-VO vorausgesetzt - um ein Schmiermittel handelt, dessen Hauptbestandteil ein fluoriertes, flüssiges Silikon mit einer kinematischen Viskosität kleiner als 5.000 mm²/s, gemessen bei 25° C ist.

Die Bescheide vom 22. Oktober 2008, 20. Januar 2009, 3. Februar 2009 und 3. April 2009 genügen den Anforderungen, die an die Unterrichtung des Ausführers nach Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO zu stellen sind. Als belastende Verwaltungsakte sind sie hinreichend konkret, bezeichnen insbesondere die Umstände der Ausfuhr - Güter, Empfänger, potentieller Verwendungszweck -, bezüglich derer die Genehmigungspflicht konstituiert werden soll (vgl. Pietsch in Wolffgang/Simonsen/Rogmann, AWR-Kommentar, 21. Erg.-Lfg., Art. 4 Dual-Use-VO Rn. 34 f.). Dabei folgt bereits aus dem Wesen der Unterrichtung, dass diese nicht auf einen Einzelfall im Sinne eines konkreten Exportgeschäftes beschränkt ist, sondern sich auf eine bestimmte, näher bezeichnete Art von Geschäften bezieht. Daher erfasste die durch die Bescheide vom 20. Januar 2009 für Stahl und vom 3. Februar 2009 für Kupferrohre begründete Genehmigungspflicht alle zeitlich nachfolgenden Ausfuhren entsprechender Güter an die P. .

b) Die durch die Angeklagten bewirkte Ausfuhr ohne die danach erforderlichen Genehmigungen erweist sich sowohl nach dem zur Tatzeit geltendem Recht als auch nach der in Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts vom 6. Juni 2013 (BGBl. I, S. 1482) enthaltenen Neufassung des Außenwirtschaftsgesetzes, die am 1. September 2013 in Kraft trat, als strafbar. Zwischen den jeweils anzuwendenden Vorschriften besteht - auch soweit es um die unterschiedlichen Dual-Use-Verordnungen als blankettausfüllende Normen geht - Unrechtskontinuität (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Juli 1975 - GSSt 1/75, BGHSt 26, 167, 172 ff.), da sowohl das Schutzgut als auch die inkriminierte Angriffsrichtung unverändert geblieben sind (vgl. S/S/Eser/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 2 Rn. 22 ff. mwN).

Soweit nach früherem Recht - entgegen § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AWG nF, der die genehmigungslose Ausfuhr an sich für strafbar erklärt - erst die Eignung des Verstoßes zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland eine Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 4 Satz 1 AWG aF, § 70 Abs. 5a Satz 1, Nr. 2 AWV aF zu einer Straftat gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG aF hochstufte, hat das Landgericht diese Eignung und den diesbezüglichen Vorsatz der Angeklagten bei Anwendung der zutreffenden rechtlichen Maßstäbe (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, BGHSt 53, 128, 134 ff.) unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes sowie auf die sachverständigen Zeugenangaben eines dort tätigen Beamten ebenfalls rechtsfehlerfrei festgestellt. Dass der gegen die P. bestehende Verdacht im Jahr 2012 einer Neubewertung unterzogen und die auf eine Einbindung in das iranische Nuklearprogramm hindeutenden Umstände als „nicht bestätigte Hinweise“ bezeichnet wurden, ändert daran nichts: Für die Frage der Eignung der Tat zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland ist auf die Zeit der Tat (§ 8 StGB) abzustellen; spätere Erkenntnisse bezüglich des Empfängers und der konkreten Verwendung der gelieferten Güter durch diesen können nicht rückwirkend zu einer anderen Beurteilung führen.

Auch die Bejahung der Qualifikationstatbestände des § 34 Abs. 6 Nr. 2 Alternative 1 AWG aF bzw. des § 18 Abs. 7 Nr. 2 Alternative 1 AWG nF durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. Dabei steht der Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen, dass die von den Angeklagten erstrebten Vorteile ihnen nur mittelbar in Form des Gehalts oder der Provisionszahlungen zufließen sollten (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1998 - 1 StR 246/98, BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2). Da im Moment der ersten Ausfuhr am 13. Juli 2009 das BAFA schon mehrfach Genehmigungen verweigert hatte, ist auch das erforderliche Dauerelement der Gewerbsmäßigkeit belegt.

c) Schließlich lässt der zur Bestimmung des milderen Rechts im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB gebotene Gesamtvergleich der konkreten Einzelfälle (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13, BGHSt 59, 271, 275 mwN) keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen.

Fehl geht allerdings die Ansicht des Landgerichts, sowohl nach früherem als auch nach neuem Recht komme hinsichtlich des Angeklagten L. schon deshalb lediglich eine Verurteilung wegen Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) in Betracht, weil nur der Ausführer den jeweiligen Tatbestand erfüllen könne, es sich mithin um Sonderdelikte handele. Tatsächlich folgt die Gehilfenstellung dieses Angeklagten nur im Rahmen des § 70 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 AWV aF aus der Fassung dieser Vorschrift. Dieser Fehler beschwert den Angeklagten indes nicht. Im Einzelnen:

aa) Tatbestandlich war (§ 33 Abs. 4 Satz 1 AWG aF, § 70 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1, 2 AWV aF) und ist (§ 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AWG nF) die genehmigungslose Ausfuhr (siehe auch BGH, Urteil vom 20. August 1992 - 1 StR 229/92, NJW 1992, 3114). Dabei ist, weil die Genehmigungspflicht durch Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO begründet wird, auch der in dieser Verordnung definierte Ausfuhrbegriff (Art. 2 Buchst. b) VO (EG) 1334/2000, Art. 2 Nr. 2 VO (EG) 428/2009) maßgeblich (vgl. Morweiser in Wolffgang/Simonsen/Rogmann aaO, 40. Erg.-Lfg., § 18 AWG Rn. 83). Allein deshalb ist auch in den Fällen III. 2. d. und e. der Urteilsgründe der Tatbestand erfüllt, weil der europarechtliche Ausfuhrbegriff - weiter als § 4 Abs. 2 Nr. 4 AWG aF bzw. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AWG nF - jede Lieferung von Gütern aus der Europäischen Union in ein Drittland und damit hier auch die unmittelbaren Sendungen vom Lieferanten der R. GmbH aus Österreich in den Iran erfasst (vgl. Tervooren/Mrozek in Wolffgang/Simonsen/Rogmann aaO, 33. Erg.-Lfg., Art. 2 Dual-Use-VO Rn. 22 mwN).

bb) Knüpfen demnach die Tatbestände an die Ausfuhr als Realakt an, kann Täter grundsätzlich jedermann sein, der an dieser beteiligt ist. Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 25 ff. StGB (BGH, Urteil vom 20. August 1992 - 1 StR 229/92, NJW 1992, 3114). Soweit das Landgericht für seine gegenteilige Ansicht auf eine Entscheidung des Senats (Beschluss vom 23. April 2010 - AK 2/10, NJW 2010, 2370, 2371) verwiesen hat, hat es übersehen, dass sich diese auf die anders gelagerte Konstellation des Art. 4 Abs. 4 Dual-Use-VO bezog.

cc) Der Begriff des Ausführers ist allerdings insoweit von Bedeutung, als dieser im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO unterrichtet werden muss. Hierzu hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise dargelegt, dass es sich bei der R. GmbH auch im Fall III. 2. f. der Urteilsgründe, in dem das zwischen ihr und P. abgeschlossene Geschäft nach Vorgaben der Angeklagten durch die H. abgewickelt wurde, um den Ausführer im Sinne des Art. 2 Buchst. c) VO (EG) 1334/2000, Art. 2 Nr. 3 VO (EG) 428/2009 handelte.

dd) Daraus folgt indes nicht, dass nur der Adressat der Unterrichtung tatbestandlich handeln kann (ebenso Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, 2. Aufl., § 29 Rn. 69; aA MüKoStGB/Wagner, 2. Aufl., § 18 AWG Rn. 113). Dies ergab sich für den früheren Rechtszustand allein aus dem Wortlaut des § 70 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 AWV aF, wonach derjenige ordnungswidrig handelte, der ohne Genehmigung nach Art. 4 Abs. 1 DualUseVO Güter ausführte, obwohl er (!) von der zuständigen Behörde entsprechend unterrichtet worden war. § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AWG nF enthält eine solche Verknüpfung nicht mehr, so dass nach heutigem Recht jeder an der Ausfuhr Beteiligte als Täter in Betracht kommt (Morweiser in Wolffgang/Simonsen/Rogmann aaO, 43. Erg.-Lfg., Vor §§ 17, 18 AWG Rn. 29).

ee) Damit ergibt sich hinsichtlich des Angeklagten L. für den im Rahmen des § 2 Abs. 3 StGB anzustellenden Gesamtvergleich Folgendes:

(1) In den Fällen III. 2. a.-e. und g. der Urteilsgründe, in denen es jeweils um Ausfuhren ohne Genehmigung nach Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO ging, erweist sich der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Ausfuhr ohne Genehmigung als zutreffend, wäre indes entgegen der Ansicht des Landgerichts aus dem früheren Recht herzuleiten gewesen, da der nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF niedriger ist als der Regelstrafrahmen des § 18 Abs. 7 AWG nF. Dass das Landgericht demgegenüber den noch milderen Strafrahmen aus § 18 Abs. 7 AWG nF, § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB zur Anwendung gebracht hat, weil es - unzutreffend - davon ausgegangen ist, es komme auch nach neuem Recht nur eine Verurteilung wegen Beihilfe in Betracht, beschwert den Angeklagten nicht.

(2) Im Fall III. 2. f. der Urteilsgründe, dem auch die Ausfuhr von Gütern ohne Genehmigung nach Art. 3 Abs. 1 Dual-Use-VO zugrunde lag, ist zwar die Anwendung des § 18 Abs. 7 AWG nF im Ergebnis richtig; allerdings erweist sich der Schuldspruch als unzutreffend, weil sowohl nach früherem als auch nach heutigem Recht der Angeklagte L. insoweit täterschaftlich handelte. Eine Schuldspruchänderung durch den Senat (§ 354 Abs. 1 StPO analog) kam indes nicht in Betracht. Da bereits die Anklage dem Angeklagten nur Beihilfe zur Last gelegt hat, stünde dem § 265 Abs. 1 StPO entgegen. Auch in diesem Fall beschwert die Anwendung des gemilderten Strafrahmens den Angeklagten nicht.

V. Revision der Staatsanwaltschaft

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte, wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat nur hinsichtlich der zulasten der Nebenbeteiligten ergangenen Wertersatzverfallsentscheidungen Erfolg.

1. Als unbegründet erweist sich das - insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Rechtsmittel, das die Strafzumessung durch das Landgericht angreift. Das Urteil enthält weder bei der Festsetzung der Einzelstrafen noch bei der Bildung der Gesamtstrafen durchgreifende Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil (§ 301 StPO) der Angeklagten.

a) Die Strafrahmenwahl begünstigt den Angeklagten L. zwar - wie dargelegt - im Ergebnis zu Unrecht; dies führt in der gegebenen Verfahrenskonstellation gleichwohl nicht zu einem beachtlichen Rechtsfehler zu seinen Gunsten. Hierzu gilt:

Durch die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Strafausspruch wird das Revisionsgericht nicht nur an die tatsächlichen Feststellungen zur Schuldfrage, sondern auch an die sie betreffende rechtliche Würdigung im angefochtenen Urteil gebunden (BayObLG, Urteil vom 16. Dezember 1953 - RR 1 St 615/53, NJW 1954, 611).

aa) Dieser Grundsatz führt vorliegend dazu, dass der Senat für die Überprüfung der Rechtsfehlerhaftigkeit des Strafausspruchs in Fall III. 2. f. der Urteilsgründe von der Einstufung des Handelns dieses Angeklagten als Gehilfentätigkeit auszugehen hat, obwohl es - unabhängig von der Frage des anwendbaren Rechts - zutreffend als täterschaftliches Handeln hätte beurteilt werden müssen (vgl. III. 2. c) ee) (2)). Von dieser mithin bindenden Beurteilung ausgehend erweist sich die Anwendung des gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 18 Abs. 7 AWG als folgerichtig.

bb) Für die übrigen Fälle, in denen der Schuldspruch sich nur im Ergebnis als zutreffend erweist (vgl. III. 2. c) ee) (1)) gilt letztlich nichts anderes. Das ergibt sich aus Folgendem:

Anders als in den Fällen einer Rechtsänderung nach Erlass des angefochtenen Urteils (vgl. § 354a StPO; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1964 - 3 StR 35/64, BGHSt 20, 116, 117 ff.) musste vorliegend nicht erst der Senat als Revisionsgericht, sondern bereits die Strafkammer die von § 2 Abs. 3 StGB veranlasste Vergleichsbetrachtung vornehmen. Die dabei von ihr für die Anwendung neuen Rechts gegebene - unzutreffende - Begründung ist Teil der rechtlichen Würdigung; sie nimmt deshalb an der Bindungswirkung teil.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es bei der Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips des § 2 Abs. 3 StGB allein um die Bestrafung des Täters gehe. Schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist als Ergebnis der gebotenen Vergleichsbetrachtung das „mildeste Gesetz“, nicht aber lediglich der mildeste Strafrahmen anzuwenden oder aber die mildeste Strafe zu verhängen. Wenn auch die danach zu treffende Entscheidung sich in aller Regel an den konkret anzuwendenden Strafrahmen orientieren wird, so kann sich die Anwendung des mildesten Gesetzes gleichwohl auf den Schuldspruch auswirken, was nicht zuletzt der vorliegende Fall zeigt: Wären die Taten nach dem aktuell geltenden Recht zu beurteilen, wäre entgegen der unzutreffenden Rechtsauffassung des Landgerichts für die Annahme von Beihilfe kein Raum, der Angeklagte wäre vielmehr mangels Vorliegens eines Sonderdelikts als Täter nach § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 AWG nF zu verurteilen (vgl. III. 2. c) dd)). Nur weil das zur Tatzeit geltende alte Recht in § 70 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 AWV aF verlangte, dass gerade der Täter der ungenehmigten Ausfuhr zuvor entsprechend Art. 4 Abs. 1 Dual-Use-VO unterrichtet worden war, kommt überhaupt in Betracht, den Angeklagten L. lediglich wegen Beihilfe schuldig zu sprechen. Weil der dabei anzuwendende - nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderte - Strafrahmen nach altem Recht sich zudem als milder erweist als der Regelstrafrahmen nach neuem Recht, führt die Anwendung des mildesten Gesetzes im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB im Ergebnis zu einem anderen - milderen - Schuldspruch. Dieser und die ihm zugrunde liegenden rechtlichen Überlegungen der Strafkammer sind indes infolge der Revisionsbeschränkung einer Überprüfung durch den Senat entzogen.

cc) Die - aufgezeigten - Fehler bei der Subsumtion berühren ihrerseits die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung nicht (allgemein KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 352 Rn. 6 mwN). Zwar ist anerkannt, dass die hierdurch bewirkte Teilrechtskraft das Revisionsgericht nicht von der Nachprüfung befreit, ob das festgestellte Verhalten des Angeklagten überhaupt strafbar (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1996 - 1 StR 721/94, NStZ 1996, 352) und ob die Verurteilung aufgrund eines gültigen Gesetzes ergangen ist (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 5 StR 728/77, MDR 1978, 282). Eine solche Ausnahmekonstellation ist - wie dargelegt - jedoch nicht gegeben. Weitergehenden Einschränkungen dieses Grundsatzes, die im Rahmen des § 318 StPO vorgenommen werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22. Januar 1999 - Ss 616/98, NStZ-RR 2000, 49 zur Verurteilung wegen Computerbetruges statt Unterschlagung), folgt der Senat jedenfalls für die Beschränkung der Revision nicht. Denn anders als das Berufungsgericht, das durch die Bindung an einen fehlerhaften Schuldspruch gegebenenfalls gezwungen wäre, sehenden Auges einen der materiellen Rechtslage widersprechenden Strafrahmen zur Anwendung zu bringen (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, Beschluss vom 2. Juli 1996 - Ss 126/94, NStZ 1997, 149), ist das Revisionsgericht nicht zu einer eigenständigen Strafzumessungsentscheidung berufen.

b) Auch hinsichtlich der konkreten Strafzumessung zeigt die Revision keinen Rechtsfehler auf. Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, in die das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen darf. Ein solcher kann gegeben sein, wenn die Begründung für die verhängte Strafe dem Revisionsgericht die ihm obliegende sachlich-rechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht, die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind oder die Strafe sich von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB hat das Gericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für und gegen den Täter sprechen. Dies bedeutet indes nicht, dass jeder derartige Umstand der ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedarf und dass die Nichterörterung stets einen Rechtsfehler begründet. Das Gericht ist vielmehr lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. April 2015 - 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 240). Entsprechendes gilt für den gesonderten Strafzumessungsvorgang der Gesamtstrafenbestimmung nach § 54 Abs. 1 Satz 3 StGB, wobei sich jedoch eine völlige Trennung der für die Einzel- und Gesamtstrafenbildung maßgeblichen Gesichtspunkte nicht durchführen lässt (BGH, Urteil vom 30. November 1971 - 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 269 ff.).

Gemessen hieran sind die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht zu beanstanden. Ausgehend von den nicht angefochtenen Schuldsprüchen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AWG nF, beim Angeklagten L. in Verbindung mit § 27 Abs. 1 StGB, hat die Strafkammer die zutreffenden Strafrahmen zugrunde gelegt. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat sie bei der Festsetzung der Einzelstrafen ausdrücklich die hohe kriminelle Energie, die in der auf Verschleierung angelegten Ausführung der Taten zum Ausdruck kam, zulasten der Angeklagten in die Abwägung eingestellt. Bei der Festsetzung der Gesamtstrafe hat das Landgericht schließlich mit dem Hinweis einerseits auf die Parallelität der Ausfuhrgeschäfte im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung sowie andererseits auf die erheblichen Mengen verschiedener Güter die erforderliche zusammenfassende Würdigung der Einzeltaten nicht nur floskelhaft vorgenommen. Die Angriffe der Revision erschöpfen sich insgesamt in dem untauglichen Versuch, ihre eigene Bewertung und Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen.

2. Keinen Bestand haben können indes die bezüglich der Nebenbeteiligten getroffenen Wertersatzverfallsentscheidungen. Insoweit gilt:

a) Zunächst hat das Landgericht zutreffend - was von der Revision auch nicht in Abrede gestellt wird - in den gesamten, auf Konten der R. GmbH (378.812,58 €) sowie der S. GmbH (65.351,82 €) eingegangenen Verkaufserlösen das im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2, Abs. 3 StGB aus der Tat Erlangte erkannt. Denn da die für die verfahrensgegenständlichen Ausfuhren erforderlichen Genehmigungen nicht erteilt wurden (Fälle III. 2. a., b., d., f. der Urteilsgründe) bzw. im Falle der Antragstellung nicht erteilt worden wären (Fälle III. 2. c., e., g. der Urteilsgründe), erschöpft sich die Sanktionierung nicht in der Umgehung der Kontrollbefugnisse der Genehmigungsbehörde; vielmehr ist die Abwicklung des Geschäfts als solche strafbewehrt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.).

b) Als rechtsfehlerhaft erweist sich die Verfallsentscheidung betreffend die S. GmbH aber, soweit die Strafkammer hinsichtlich der von dieser Gesellschaft an den Angeklagten L. ausgekehrten Provisionszahlungen von einem Wegfall der Bereicherung ausgegangen ist.

Nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StGB kann das Gericht von der nach § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 73a Satz 1 StGB zwingenden Anordnung des Verfalls von Wertersatz nur absehen, wenn der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist. Dementsprechend ist nach ständiger Rechtsprechung eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB grundsätzlich nicht eröffnet, wenn der Verfallsschuldner über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem verfallbaren Betrag zurückbleibt, unabhängig davon, ob die vorhandenen Vermögenswerte einen Bezug zu den Straftaten aufweisen (BGH, Urteil vom 5. April 2000 - 2 StR 500/99, BGHR StGB § 73c Wert 2). In diesem Sinne war für die Ermessensentscheidung des Landgerichts kein Raum, denn nach den getroffenen Feststellungen verfügte die S. GmbH zum Urteilszeitpunkt schon deshalb über Vermögen in Höhe des von ihr Erlangten, weil sie zur Abwehr von Pfändungen aufgrund dinglicher Arrestbeschlüsse jeweils entsprechende Beträge hinterlegt hatte.

Der dargestellte Grundsatz gilt zwar nicht uneingeschränkt: So ist ein Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht ausgeschlossen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das vorhandene Vermögen ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben wurde (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40, 42 f.), was insbesondere dann in Betracht kommen soll, wenn Teile der durch die Tat vereinnahmten Gelder an einen anderen weitergeleitet werden (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NJW 2012, 92). Eine solche Fallkonstellation ist hier mit Blick auf die S. GmbH indes schon deshalb nicht gegeben, weil diese nach den Feststellungen des Landgerichts nur gegründet wurde, um die Güter an den deutschen Ausfuhrbehörden vorbei über die Schweiz ausführen zu können; es kann mithin keine Rede davon sein, dass die bei der S. GmbH vorhandenen Vermögenswerte in keinem Zusammenhang zu den begangenen Straftaten stehen.

c) Auch der Ausspruch über die Anordnung des Verfalls betreffend die R. GmbH weist Rechtsfehler zu deren Gunsten auf. Dies gilt jedenfalls mit Blick auf die steuerliche Behandlung des von dieser Erlangten. Hierzu gilt:

Eine Doppelbelastung durch Abschöpfung des Bruttobetrages einerseits und dessen Besteuerung andererseits ist zu vermeiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 1990 - 1 BvL 4/87, BVerfGE 81, 228, 241 f.). Dies geschieht regelmäßig dadurch, dass der abgeschöpfte Betrag im Besteuerungsverfahren gewinnmindernd geltend gemacht wird; das Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG gilt mangels Strafcharakters der Verfallsanordnung nicht (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 138/01, NJW 2002, 2257, 2258 f.). Die Berücksichtigung einer nur voraussichtlichen Besteuerung im Strafverfahren hat zu unterbleiben (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - 3 StR 131/01, BGHR StGB § 73c Härte 7). Ist jedoch das Besteuerungsverfahren abgeschlossen, darf der Betroffene nicht auf die eventuell gegebene Möglichkeit der Änderung des Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO verwiesen werden; vielmehr ist die bestandskräftig festgesetzte Steuerschuld mindernd zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 138/01, NJW 2002, 2257, 2258 f.; Beschluss vom 18. Februar 2004 - 1 StR 296/03, NStZ-RR 2004, 214, 215; siehe auch BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 3 StR 167/13, juris Rn. 43; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 73c Rn. 2).

Diese Grundsätze hat das Landgericht zwar im Ansatz nicht verkannt. Es hat indes zum Vorteil der Nebenbeteiligten nicht nur die steuerliche Belastung in Abzug gebracht, die auf dem eigentlich dem Verfall unterliegenden Betrag ruht, sondern ausdrücklich auf die Jahressteuerendbeträge für die Jahre 2009 bis 2011 insgesamt abgestellt, obwohl es ausdrücklich festgehalten hat, dass „die in den verfahrensgegenständlichen Jahren bei der R. erzielten Umsatzerlöse den inkriminierten Betrag von 378.812,58 Euro um ein Mehrfaches überstiegen haben“. Danach liegt es trotz der in diesem Zusammenhang ungenauen Begrifflichkeit der „Umsatzerlöse“ nahe, dass auch allein aufgrund der nicht strafbewehrten Geschäfte Steuern angefallen wären. Dann aber hätte nicht der gesamte Betrag in Höhe von 8.041,70 € in Abzug gebracht werden dürfen (zu einer möglichen Anteilsberechnung LG Hamburg, Urteil vom 8. Juni 2011 - 618 KLs 2/11, juris Rn. 202 ff.).

d) Die Sache bedarf deshalb hinsichtlich der Anordnung des Verfalls von Wertersatz betreffend beide Nebenbeteiligte neuer Verhandlung und Entscheidung. Bezüglich der R. GmbH wird das neue Tatgericht auch zu prüfen haben, ob - entsprechend den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil - davon ausgegangen werden kann, dass diese Gesellschaft durch die Leistung der Provisionszahlungen an den Angeklagten L. tatsächlich entreichert ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NJW 2012, 92), oder ob insoweit nicht eine Fallkonstellation vorliegt, in der gegenüber dem Empfänger von aus der Tat erlangten Geldbeträgen, der sie ganz oder teilweise an andere Tatbeteiligte weiterleitet, der Verfall von Wertersatz in voller Höhe angeordnet werden kann, weil und soweit er und die anderen Beteiligten als Gesamtschuldner haften (vgl. dazu etwa BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03, NStZ 2004, 440).

VI. Revisionen der Nebenbeteiligten

Die jeweils auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionen der Nebenbeteiligten sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 710

Externe Fundstellen: NStZ 2016, 733

Bearbeiter: Christian Becker