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HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 997

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 226/10, Beschluss v. 19.08.2010, HRRS 2010 Nr. 997


BGH 3 StR 226/10 - Beschluss vom 19. August 2010 (LG Osnabrück)

Geldfälschung (subjektiver Tatbestand); lückenhafte Feststellungen (Einrücken der Anklageschrift).

§ 146 StGB; § 267 Abs. 3 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. September 2009 aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie wegen Geldfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug verurteilt worden ist; jedoch bleiben die insoweit getroffenen Feststellungen aufrechterhalten;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug und wegen Geldfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die auf die näher ausgeführte Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Der Schuldspruch wegen Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB muss aufgehoben werden, da er, wie der Generalbundesanwalt zutreffend im Einzelnen ausgeführt hat, von den Feststellungen nicht getragen wird. Danach übergab der Angeklagte in zwei Fällen dem gesondert verfolgten W. Falschgeld, mit dem dieser jeweils hochwertige Alkoholika erwerben sollte. Angaben dazu, wie und mit welcher Motivation der Angeklagte in den Besitz der Falsifikate gelangt ist, enthält das Urteil nicht. Es muss deshalb - auch hinsichtlich des jeweils tateinheitlich ausgeurteilten Betrugs bzw. versuchten Betrugs - aufgehoben werden. Eine Umstellung des Schuldspruchs auf § 147 StGB kommt nicht in Betracht, da es möglich erscheint, zu den vorbereitenden Delikten des Nachmachens, Verfälschens oder Sichverschaffens noch Feststellungen zu treffen. Die bisherigen Feststellungen können aufrechterhalten bleiben.

Der mit der Aufhebung des Schuldspruchs verbundene Wegfall der beiden Einzelstrafen führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.

2. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hält hingegen rechtlicher Nachprüfung stand, da den Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang noch entnommen werden kann, dass der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht und damit eigennützig handelte (BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 663/78, BGHSt 28, 308, 309).

3. Abschließend bemerkt der Senat, der die Anklageschrift im Revisionsverfahren von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen hatte: Die Feststellungen des Landgerichts zu den Taten entsprechen nahezu wortgleich dem konkreten Anklagesatz. Eine solche Verfahrensweise des "Einrückens" birgt die Gefahr, auf die richterliche Prüfung zu verzichten, ob die den objektiven und subjektiven Tatbestand erfüllenden Tatsachen in der Hauptverhandlung vollständig festgestellt worden sind. Sie gefährdet den Bestand des Urteils jedenfalls dann, wenn dem Anklagesatz nicht alle diese Tatsachen zu entnehmen sind oder wenn - wie möglicherweise im vorliegenden Fall - die Anklage nicht vollständig "eingerückt" wird. Das Revisionsgericht ist nicht berechtigt, die im Urteil fehlenden Feststellungen unter Rückgriff auf die Anklageschrift oder die übrigen Aktenbestandteile zu ergänzen.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 997

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2011, 52; StV 2011, 76

Bearbeiter: Ulf Buermeyer