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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 808

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 137/14, Beschluss v. 14.04.2016, HRRS 2016 Nr. 808


BGH 2 StR 137/14 2 StR 337/14 - Beschluss vom 14. April 2016

Vorlage an die Vereinigten Großen Senate des Bundesgerichtshofs; Bemessung der billigen Entschädigung in Geld (Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Gläubigers).

§ 132 Abs. 2, Abs. 4 GVG

Leitsatz des Bearbeiters

Den Vereinigten Großen Senaten des Bundesgerichtshofes werden gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt: 1. Dürfen bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld (§ 253 Abs. 2 BGB) die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten berücksichtigt werden? 2. Wenn ja, nach welchem Maßstab können sie berücksichtigt werden?

Entscheidungstenor

Den Vereinigten Großen Senaten des Bundesgerichtshofes werden gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:

1. Dürfen bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld (§ 253 Abs. 2 BGB) die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten berücksichtigt werden? 2. Wenn ja, nach welchem Maßstab können sie berücksichtigt werden?

Gründe

I.

1. Das Verfahren 2 StR 137/14 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an die Nebenklägerin S. -S. S. 12.000 Euro sowie an die Nebenklägerinnen A. S. und M. M. je 5.000 Euro, jeweils „nebst 5 % Zinsen“ über dem Basiszinssatz seit dem 14. November 2013, zu zahlen, und dieses Urteil gegen eine Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erzielte der alleinstehende und kinderlose 49jährige Angeklagte G. als Stapelladefahrer zuletzt ein monatliches Einkommen von 1.200 Euro, wovon er 500 Euro an Mietkosten aufzubringen hatte. Er war schuldenfrei.

Bei der Bemessung der Schmerzensgelder hat das Landgericht auf die Tatumstände und die Folgen der Taten für die Geschädigten abgestellt. Dagegen ist dem Urteil nicht erkennbar zu entnehmen, dass das Landgericht auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und der Geschädigten berücksichtigt hat.

b) Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach aufrechtzuerhalten und von einer weiteren Entscheidung über die Adhäsionsanträge abzusehen, da das Urteil nicht erkennen lasse, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer gebührend berücksichtigt worden seien (vgl. Senat, Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 503/13, Urteil vom 19. Februar 2014 - 2 StR 239/13, NJW 2014, 1544, 1545). Im Übrigen hat er die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt (§ 349 Abs. 2 StPO).

2. Das Verfahren 2 StR 337/14 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an die Neben- und Adhäsionsklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2014 zu zahlen, dieses Urteil gegen eine Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt sowie festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, „sämtliche zukünftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus den obigen Taten zu ersetzen, soweit diese nicht auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sind“.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts war der 52jährige Angeklagte E. als Montierer angestellt und verdiente monatlich 860 Euro netto. Seit 2011 lebte er bei seiner damaligen Lebensgefährtin, mit der er ein 2006 geborenes gemeinsames Kind hat.

Bei der Bemessung des Schmerzensgelds hat das Landgericht neben den Tatumständen und den Folgen der Taten für die Geschädigte ausdrücklich auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und der Geschädigten berücksichtigt.

b) Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Der Generalbundesanwalt hat auch in diesem Verfahren beantragt, die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach aufrechtzuerhalten und von einer weiteren Entscheidung über die Adhäsionsanträge abzusehen. Das Landgericht habe keine Feststellungen zu möglichen künftigen Schäden getroffen, weshalb das für den Feststellungsausspruch erforderliche Feststellungsinteresse nicht vorliege. Die darüber hinaus erfolgte Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgelds sei jedenfalls der Höhe nach nicht zureichend begründet. Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen von Schädiger und Geschädigten, die bei der Bemessung des Schmerzensgelds regelmäßig zu berücksichtigen seien, genügten nicht. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten verhielten sich die Feststellungen nur vage, insbesondere werde nicht mitgeteilt, ob der Beschwerdeführer Vermögen oder Schulden habe. Auch seine Wohn- und Lebenssituation nach Bekanntwerden der Taten gehe aus den Urteilsgründen nicht hervor. Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Geschädigten fehlten ganz. Im Übrigen sei das Rechtsmittel gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

3. Der Senat hat in beiden Verfahren die Revisionen der Angeklagten entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwaltes als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO verworfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richteten (Beschlüsse vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 137/14 und 2 StR 337/14).

Die Entscheidung über die Adhäsionsaussprüche hat er zurückgestellt, um zunächst beim Großen Senat für Zivilsachen und bei den anderen Strafsenaten gemäß § 132 Abs. 3 GVG anzufragen, ob an der bisherigen Rechtsprechung, wonach bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld (§ 253 Abs. 2 BGB) die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten berücksichtigt werden dürfen, festgehalten werde. Der Anfrage lag zugrunde, dass der Senat entgegen der bisherigen Rechtsprechung der Auffassung ist, dass weder die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers noch die des Geschädigten bei der Bemessung des Schmerzensgelds berücksichtigt werden dürfen.

Unter Zugrundlegung dieser Auffassung beabsichtigt der Senat, die Adhäsionsentscheidung in dem Verfahren 2 StR 137/14 aufrechtzuerhalten, weil sie - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - rechtsfehlerfrei ergangen ist.

In dem Verfahren 2 StR 337/14 beabsichtigt der Senat den Schmerzensgeldanspruch nur der Höhe nach aufrechtzuerhalten und im Übrigen von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abzusehen. Das Schmerzensgeld hat die Strafkammer - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - schon deshalb rechtsfehlerhaft bemessen, weil sie die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten ausdrücklich berücksichtigt hat.

4. Auf die Anfrage des Senats mit Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 137 und 337/14, ob an der entgegenstehenden Rechtsprechung festgehalten wird, haben sich der Große Senat für Zivilsachen und die anderen Strafsenate wie folgt geäußert:

a) Der Große Senat für Zivilsachen hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 - GSZ 1/14 - die Anfrage des Senats dahin beschieden, dass er an seiner Rechtsprechung festhalte, wonach bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld nach § 253 Abs. 2 BGB alle Umstände des Falles berücksichtigt werden können. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten könnten dabei nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Zur Begründung hat er auf den Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/56, BGHZ 18, 149, Bezug genommen.

b) Auch der 1., 4. und 5. Strafsenat haben der Rechtsauffassung des anfragenden Senats nicht zugestimmt und zur Begründung auf die vorgenannten Beschlüsse des Großen Senats für Zivilsachen sowie zum Teil ergänzend auf den Beschluss des VI. Zivilsenats vom 28. Juli 2015 - GSZ 1/14 - Bezug genommen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2015 - 4 ARs 29/14; vom 25. November 2015 - 5 ARs 94/14, vom 16. Dezember 2015 - 1 ARs 31/14). Der 3. Strafsenat hat mitgeteilt, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung nur insoweit festhalte, als die Bemessung des Schmerzensgelds auch auf der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers beruhen dürfe (Beschluss vom 5. März 2015 - 3 ARs 29/14). Dem anfragenden Senat hat er dagegen dahin zugestimmt, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten bei der Bemessung des Schmerzensgelds unberücksichtigt bleiben müssten, und mitgeteilt, dass er an seiner insoweit entgegenstehenden Rechtsprechung nicht mehr festhalte.

II.

Nach Durchführung des Anfrageverfahrens hält der Senat an seiner Auffassung fest, dass es entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (nachfolgend 1.) bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld (§ 253 Abs. 2 BGB) nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten ankommen darf (nachfolgend 2.).

Doch auch wenn man mit der bisherigen Rechtsprechung davon ausginge, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten berücksichtigt werden dürfen, fehlte - auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Großen Senat für Zivilsachen und der nachfolgenden obergerichtlichen Rechtsprechung - ein dafür erforderlicher nachprüfbarer Maßstab (nachfolgend 3.).

1. Bisherige Rechtsprechung

a) Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts waren bei Bemessung der billigen Entschädigung in Geld gemäß § 847 BGB a.F. die persönlichen Verhältnisse und die Vermögensverhältnisse beider Teile in Betracht zu ziehen (vgl. etwa RGZ 63, 104, 105; 76, 174, 175; vgl. auch RGZ 136, 60, 61). Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschied dagegen mit Urteil vom 29. September 1952 - III ZR 340/51, BGHZ 7, 223, dass es jedenfalls auf die Vermögensverhältnisse des Schädigers nicht ankommen dürfe. Auf Vorlage des VI. Zivilsenats (vgl. hierzu Knöpfel, AcP 155, 135 f. mwN) entschied jedoch der Große Senat für Zivilsachen (Beschluss vom 6. Juli 1955 - GZ 1/55, BGHZ 18, 149 ff.), dass bei der Festsetzung der Entschädigung grundsätzlich alle in Betracht kommenden Umstände des Falles einschließlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten berücksichtigt werden dürften. Dies begründete er im Wesentlichen wie folgt:

aa) Ein Vergleich mit den anderen Vorschriften des BGB, in denen das Ausmaß einer Leistung nach „billigem Ermessen“ bestimmt oder eine „billige Entschädigung“ gewährt werde, zeige, dass das Gesetz in der Regel sämtliche in Betracht kommenden Umstände und insbesondere die Verhältnisse aller Beteiligten berücksichtigt wissen wolle; insbesondere ergebe sich aus § 829 BGB und der Entstehungsgeschichte des „Kranzgeldes“ (§ 1300 BGB, aufgehoben durch das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998, BGBl. I S. 833), dass der Richter bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld nicht gebunden sein solle, bestimmte Umstände nicht zu berücksichtigen (BGHZ 18, 149, 153 f.).

bb) Dasselbe ergebe sich aus der doppelten Zweckbestimmung des Schmerzensgelds. Dieses solle dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Es solle aber zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schulde. Denn auch wenn dem Schmerzensgeldanspruch kein unmittelbarer Strafcharakter mehr innewohne, so schwinge in dem Ausgleichsgedanken doch etwas vom Charakter der Buße oder Genugtuung mit, da er sich aus dem Strafrecht entwickelt habe.

Im Vordergrund stehe der Ausgleich für die erlittene Beeinträchtigung: Der Schädiger, der dem Geschädigten über den Vermögensschaden hinaus das Leben schwer gemacht habe, solle durch seine Leistung dazu helfen, es ihm im Rahmen des Möglichen wieder leichter zu machen. Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung hänge die Bemessung der Entschädigung in erster Linie von Größe, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen, Leiden und Entstellungen ab. Der Schmerzensgeldanspruch sei zwar vom Gesetzgeber formal als bürgerlichrechtlicher Schadensersatzanspruch konstruiert worden, die Wiederherstellungsfunktion lasse sich indes nicht wie bei Vermögensschäden verwirklichen. Das alleinige Abstellen auf den Ausgleichsgedanken sei unmöglich, weil immaterielle Schäden sich nie und Ausgleichsmöglichkeiten sich nur beschränkt in Geld ausdrücken ließen. Dies gelte insbesondere in den Fällen, in denen der immaterielle Schaden so groß sei, dass ein Ausgleich überhaupt kaum denkbar sei, etwa bei weitgehender physischer Zerstörung des Körpers, oder in denen der Geschädigte wegen einer erlittenen psychischen Störung subjektiv kein Bewusstsein der Schädigung besitze. Ähnlich sei es, wenn der Verletzte wirtschaftlich so gestellt sei, dass bei ihm durch keinerlei Geldbeträge ein Lustgefühl zum Ausgleich für die erlittenen Schäden hervorgerufen werden könnte. Gerade für diese Gruppen gewinne die Genugtuungsfunktion ihre besondere Bedeutung (BGHZ 18, 149, 154 ff.).

cc) Danach könnten - neben dem in erster Linie zu beachtenden Umfang der Lebensbeeinträchtigung - bei der Bemessung alle Umstände berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall sein besonderes Gepräge gäben. Dazu gehörten neben dem Grad des Verschuldens des Schädigers und dem Anlass der Verletzungshandlung möglicherweise auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten und des Schädigers.

dd) Zwar gelte für Vermögensschäden der Grundsatz, dass der Umfang der Verpflichtung regelmäßig von der Leistungsfähigkeit des Schuldners unabhängig sei. Dies gelte jedoch nicht für die Bemessung von Nichtvermögensschäden, bei der § 847 BGB a.F. eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles verlange. Bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers handele es sich nicht um eine Kürzung einer „an sich“ angemessenen Entschädigung, sondern es werde durch die Berücksichtigung aller Umstände, zu denen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten gehörten, überhaupt erst die „billige Entschädigung“ ermittelt. Diese bildeten daher einen Teil des zu beurteilenden Sachverhalts. Damit liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, soweit zwischen Schädigern, die in unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen lebten, differenziert werde (BGHZ 18, 149, 160 ff.).

b) Vor diesem Hintergrund erachten die Zivilsenate des Bundesgerichtshofs die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten als bei Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigende - jedenfalls berücksichtigungsfähige - Umstände (vgl. etwa Urteil vom 16. Mai 1961 - VI ZR 112/60, VersR 1961, 727, 728; BGH, Urteil vom 13. Januar 1964 - III ZR 48/63, VersR 1964, 389, 390; Urteile vom 25. September 1964 - VI ZR 137/63 und VI ZR 139/63, VersR 1964, 1299, 1302; Urteil vom 16. Februar 1993 - VI ZR 29/92, NJW 1993, 1531, 1532; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2006 - VI ZB 26/05, NJW 2006, 1068, 1069, sowie die Parallelbeschlüsse vom selben Tag - VI ZB 27/05 und VI ZB 28/05; zuletzt: Beschluss des VI. Zivilsenats vom 28. Juli 2015 - GSZ 1/14). Dementsprechend werden die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig, wenn auch nicht immer, im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung erörtert (vgl. aus neuerer Zeit etwa OLG Celle, Urteil vom 28. Mai 2014 - 14 U 165/13 juris Rn. 24; OLG München, Urteil vom 11. April 2014 - 10 U 4757/13 juris Rn. 42 ff.; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2014, 33).

Dem folgend haben auch die Strafsenate des Bundesgerichtshofs die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten als für die Bemessung des Schmerzensgeldes regelmäßig bedeutsame Umstände erachtet, mit der Folge, dass eine fehlende Erörterung in den Urteilsgründen einen durchgreifenden Rechtsfehler darstellen kann, der auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils führt (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 9. Juni 1993 - 2 StR 232/93, BGHR StPO § 403 Anspruch 4, vom 21. August 1996 - 2 StR 263/96, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 5, und vom 26. August 1998 - 2 StR 151/98, BGHR StPO § 403 Anspruch 6; Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 503/13, insoweit in NStZ-RR 2014, 185 nicht abgedruckt; BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 1992 - 3 StR 478/92, BGHR StPO § 403 Anspruch 3, vom 5. Januar 1999 - 3 StR 602/98, NJW 1999, 1123, 1124, vom 2. September 2014 - 3 StR 325/14 juris Rn. 3 und vom 18. Juni 2014 - 4 StR 217/14 juris Rn. 3). Begründet wird dies hinsichtlich des Schädigers regelmäßig damit, dass die Verpflichtung zur Schmerzensgeldzahlung für diesen nicht zu einer unbilligen Härte werden dürfe (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1992 - 3 StR 478/92, BGHR StPO § 403 Anspruch 3; Senat, Beschluss vom 9. Juni 1993 - 2 StR 232/93, BGHR StPO § 403 Anspruch 4). Eine Erörterungspflicht wurde verneint, wenn nach Auffassung des jeweiligen Senats die Feststellungen nicht dazu drängten (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 1995 - 1 StR 668/94, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 3 und Urteil vom 27. September 1995 - 3 StR 338/95, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 4; vgl. auch Beschluss vom 2. September 2014 - 3 StR 346/14), ohne dass hier eine klare Linie erkennbar wäre.

c) Durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) wurde der Anspruch auf Ersatz von Nichtvermögensschäden (Schmerzensgeld) unter Aufhebung des § 847 BGB a.F. und unter Erweiterung auf die Vertrags- und Gefährdungshaftung in § 253 Abs. 2 BGB geregelt. Eine Änderung der Auslegung des Begriffs der „billigen Entschädigung“ war damit nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 14/7752 S. 14 ff., und BT-Drucks. 14/8780, S. 21).

2. Der Senat beabsichtigt, die Rechtsprechung, wonach bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten berücksichtigt werden dürfen, aufzugeben.

a) Nach seiner Auffassung darf es auf die Vermögenslage des Geschädigten nicht ankommen.

aa) Zwar verlangt der Begriff der „Billigkeit“ im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB die Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände des Falles. Was danach „in Betracht kommt“, bedarf jedoch der Konkretisierung am Maßstab von Wertvorstellungen, die in erster Linie von den Grundsatzentscheidungen der Verfassung bestimmt werden. Bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Generalklauseln haben daher die Gerichte die Grundrechte als „Richtlinien“ zu beachten (vgl. BVerfGE 89, 214, 229 f. mwN; speziell zum Schmerzensgeld auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 1992 - VI ZR 201/91, BGHZ 120, 1, 5 f.); auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 84, 197, 199 mwN).

bb) Vor diesem Hintergrund lässt sich eine unterschiedliche Bewertung von körperlichen oder seelischen Leiden danach, ob der Betroffene finanziell besser oder schlechter gestellt ist, auch im Hinblick auf die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgelds nicht rechtfertigen.

Eine solche Anknüpfung an die Vermögensverhältnisse ist mit dem sich aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden, jeden Menschen in gleichem Maße, ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seine Leistungen und seinen sozialen Status zukommenden sozialen Wert- und Achtungsanspruch (vgl. BVerfGE 87, 209, 228) und dem jedem Menschen in gleichem Maße zustehenden Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG) nicht vereinbar (so auch OLG Schleswig, NJW-RR 1990, 470, 471; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 253 Rn. 43; Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 7. Aufl., Rn. 1375 ff., Slizyk, Systematische Kommentierung des Schmerzensgeldrechts, 10. Aufl. [2014], Rn. 129; Vieweg/Lorz in jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 253 Rn. 75; vgl. auch Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2014, 32. Aufl., S. 18).

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass nicht die erlittene körperliche oder seelische Beeinträchtigung selbst, sondern nur der Ausgleich hierfür unterschiedlich bemessen wird (vgl. Schneider, ZAP 2004 [Beilage 2], S. 7; Jaeger/Luckey aaO Rn. 1377). Denn nach den dargestellten verfassungsrechtlichen Grundsatzentscheidungen hat weder der Wohlhabende ein rechtlich anerkennenswertes größeres finanzielles Interesse an einem Ausgleich einer erlittenen Beeinträchtigung, noch der Arme ein geringeres. Danach geht es umgekehrt auch fehl, bei im Wesentlichen gleichen körperlichen oder seelischen Leiden die schlechte Vermögenslage des Armen als anspruchserhöhend oder den Reichtum des Wohlhabenden als anspruchsmindernd anzusetzen. Entsprechend kann dem wohlhabenden Geschädigten weder ein größeres noch eine geringeres Interesse an Genugtuung durch Zahlung eines Geldbetrages zuerkannt werden als dem armen Geschädigten. Denn die in § 253 Abs. 2 BGB genannten Rechte und Rechtsgüter stehen dem Betroffenen nicht nach Maßgabe seiner Vermögensverhältnisse zu, sondern unabhängig davon (so im Ergebnis auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum, vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 253 Rn. 16; Staudinger/Schiemann aaO; NK-BGB/Huber, 2. Aufl., § 253 Rn. 96; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 253 Rn. 38; Spindler in Bamberger/Roth, BGB, § 253 Rn. 42; Vieweg/Lorz aaO; Jaeger/Luckey aaO Rn. 1375 ff., 1386; Pardey in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., S. 220 f.; Lorenz, Immaterieller Schaden und „billige Entschädigung in Geld“, 1981, S. 126 f., 146 ff.; Pecher, AcP 171, 44, 69; aA etwa Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 847 Rn. 30; RGRK-BGB/Kreft, 12. Aufl., § 847 Rn. 43).

Wollte man demgegenüber den wirtschaftlichen Verhältnissen einen Einfluss auf das Maß der auszugleichenden Beeinträchtigung zugestehen, müsste man dies konsequenterweise im Einzelfall durch eine Beweisaufnahme zum Lebensstil des Verletzten verifizieren. Denn auch der wirtschaftlich gut Situierte kann bescheiden leben, während ein anderer trotz schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse einen aufwendigen Lebensstil pflegen mag; zudem wäre eine ungerechtfertigte Benachteiligung des sparsamen gegenüber dem verschwenderischen Verletzten zu vermeiden (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 1990, 470, 471; Knöpfel, AcP 155, 145 f.). Erforderlich wären aber auch Feststellungen dazu, ob dem Geschädigten überhaupt Genugtuung durch eine Geldzahlung verschafft werden kann und wenn ja, wie hoch das Schmerzensgeld vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sein müsste, um ihm Genugtuung verschaffen zu können.

Eine solche Beweisaufnahme ließe sich indes mit dem - verfassungsrechtlich verbürgten (vgl. BVerfGE 38, 105, 114) - Schutz des persönlichen Lebensbereiches des (Opfer-)Zeugen (vgl. § 68a Abs. 1 StPO für den Strafprozess) nur schwerlich vereinbaren (vgl. auch Lorenz, Immaterieller Schaden und „billige Entschädigung in Geld“, 1981, S. 52 f.). Im Zivilprozess gilt zwar die Erleichterung des § 287 ZPO; dies ändert aber nichts daran, dass der Tatrichter sich im Urteil mit allen für die Bemessung des Schmerzensgelds maßgeblichen Umständen hinreichend auseinandersetzen muss und nicht jedes diesbezügliche Beweisangebot zurückweisen darf (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 - VI ZR 182/97, BGHZ 138, 388, 391; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 287 Rn. 6, 8 mwN).

Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen jeglicher Maßstab fehlt, inwieweit diese Umstände anspruchsmindernd, anspruchserhöhend oder wertneutral wirken sollten (siehe dazu auch im Folgenden unter 3.).

Schließlich ist zu besorgen, dass die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse jedenfalls im Endeffekt zu einer Taxierung des Schmerzensgeldes nach sozialen Klassen führen kann (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 1990, 470, 471; Slizyk, Systematische Kommentierung des Schmerzensgeldrechts, 10. Aufl. [2014], Rn. 12), gegen die sich schon das Reichsgericht aussprach (vgl. RGZ 76, 174, 176).

cc) Danach scheiden die Vermögensverhältnisse des Geschädigten als legitime Rechtfertigungsgründe für eine Ungleichbehandlung bei der Bemessung des Schmerzensgeldes aus. Nichts anderes gilt, wenn wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten nicht eine „an sich“ angemessene Entschädigung gekürzt oder erhöht wird, sondern diese von vornherein in die Abwägung eingestellt werden (vgl. BGHZ 18, 149, 160 f.; vgl. auch Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 16. Januar 2001 - 8 U 685/00, OLG-NL 2002, 217, 220). Denn auch durch diesen dogmatischen „Kunstgriff“ verlieren sie nicht ihren Charakter als das Schmerzensgeld erhöhende oder mindernde Umstände, der ihnen aber nach den dargestellten Maßstäben nicht zukommen darf.

dd) Soweit der Große Senat für Zivilsachen im Wege der systematischen Auslegung die Vorschriften der §§ 829, 1300 BGB als Beleg dafür herangezogen hat, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse als in Betracht zu ziehende Umstände des Einzelfalls anzusehen sind (vgl. auch Lorenz aaO S. 157), steht dies im Widerspruch zu dem der Verfassung zu Grunde liegenden und vom Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich weiter konkretisierten Menschenbild, das wesentlich von dem jedem Menschen in gleichem Maße zustehenden sozialen Wert- und Achtungsanspruch geprägt wird (vgl. oben); auch wurde § 1300 BGB durch den Gesetzgeber inzwischen als rechtspolitisch überholt aufgehoben (vgl. BT-Drucks. 13/4898 S. 14).

b) Nach Ansicht des Senats dürfen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers nicht berücksichtigt werden.

Der Schmerzensgeldanspruch ist vom Gesetzgeber gerade nicht als Strafe, sondern als Schadensersatzanspruch ausgestaltet worden (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1952 - III ZR 340/51, BGHZ 7, 223, 224 ff.; BGH, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GZ 1/55, BGHZ 18, 149, 151, 156; vgl. auch Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 253 Rn. 28, 43; NK-BGB/Huber, 2. Aufl., § 253 Rn. 119; Müller, VersR 1993, 909 f.; Knöpfel, AcP 155, 139 ff.; Pecher AcP 171, 44, 70). Schon dies spricht dafür, dass die wirtschaftliche Lage des Schädigers entsprechend dem allgemeinen Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 276 Rn. 28 mwN) bei der Bemessung der Entschädigung, auch und gerade im Rahmen der Ausgleichsfunktion, keine Rolle spielen darf (so auch Palandt/Grüneberg aaO § 253 Rn. 17).

Zu einer anderen Betrachtung zwingt auch nicht die Genugtuungsfunktion der Entschädigung. Denn der Gedanke der Genugtuung kann, ungeachtet seiner im Schrifttum umstrittenen Funktion (vgl. statt aller Staudinger/Schiemann aaO Rn. 30 ff. mwN), innerhalb eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches nicht bezwecken, dem Schädiger ein zu bemessendes Übel zuzufügen (mit der Folge, dass unbillige Härten zu vermeiden wären). Vielmehr soll der Geschädigte durch die - ihm selbst und nicht etwa dem Staat oder einer gemeinnützigen Einrichtung zufließende - „billige Entschädigung“ Genugtuung für den ihm zugefügten immateriellen Schaden erfahren, wozu auch die Verletzung des Rechtsgefühls zählt (vgl. Knöpfel aaO, 150, 154 f.). Im Blick haben daher auch hier der Geschädigte und dessen Beeinträchtigung zu stehen (vgl. Pecher aaO, 70). Art und Ausmaß des vom Schädiger wiedergutzumachenden Unrechts sind aber von seinen Vermögensverhältnissen gänzlich unabhängig (vgl. Knöpfel aaO).

Das dagegen vorgebrachte Argument, bei Nichtvermögensschäden seien nach dem gesetzgeberischen Willen „alle Umstände des Falles“ zu berücksichtigen (BGHZ 18, 149, 160 f.), vermag gleichfalls nicht mehr zu überzeugen. Vor dem Hintergrund der zuvor dargestellten verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen ist es nicht zu rechtfertigen, dass die Höhe einer Entschädigung für ein und dasselbe körperliche oder seelische Leiden - wenn auch nur als ein Gesichtspunkt unter mehreren - möglicherweise davon abhängig ist, ob der Schädiger Hilfsarbeiter oder Millionär ist. Insbesondere ist es für die Frage, ob eine solche Differenzierung mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt ist, ohne Bedeutung, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse von vornherein in die Abwägung eingestellt werden oder eine „an sich“ angemessene Entschädigung gekürzt oder erhöht wird (vgl. oben).

Etwaige Härten für den Schädiger können sachgerecht im Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren berücksichtigt werden (vgl. schon BGH, Urteil vom 29. September 1952 - III ZR 340/51, BGHZ 7, 223, 228; Ermann/Ebert, BGB, 14. Aufl., § 253 Rn. 27; NK-BGB/Huber, 2. Aufl., § 253 Rn. 119; Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 7. Aufl., Rn. 1371 ff.). In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass durch das Abstellen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Urteils dem Geschädigten die ihm bei allen anderen Schadensersatzansprüchen zustehende Möglichkeit genommen wird, bei nachträglicher Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers zur Befriedigung seines Schadensersatzes zu kommen (vgl. schon BGH, Urteil vom 29. September 1952 - III ZR 340/51, BGHZ 7, 223, 228; Lorenz, Immaterieller Schaden und „billige Entschädigung in Geld“, 1981, S. 154 f.). Vor diesem Hintergrund kann es auch keine Rolle spielen, ob der Schädiger haftpflichtversichert ist, zumal dann die Höhe der Entschädigung von einem für die geschädigte Person zufälligen Umstand abhängen würde (vgl. Spindler in Bamberger/Roth, BGB, § 253 Rn. 43; NK-BGB/Huber aaO).

3. Könnten mit der bisherigen Rechtsprechung die wirtschaftlichen Verhältnisse von Schädiger und Geschädigten berücksichtigt werden, bedürfte es zwingend eines überprüfbaren Maßstabs, inwieweit diese anspruchsmindernd, anspruchserhöhend oder wertneutral wirken dürfen. Einen solchen Maßstab vermag der Senat - insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisses der Geschädigten - nicht zu erkennen; er ist auch in der bisherigen Rechtsprechung weder genannt noch auch nur in seinen Grundzügen erläutert worden. Dies lässt nicht nur die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Tatgerichte als entweder willkürlich oder allein als leerformelhafte Erwähnung erscheinen, sondern schließt auch eine revisionsrechtliche Überprüfung der Schmerzensgeldbemessung dahin, ob bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein zutreffender Maßstab angewendet worden ist, von vornherein aus. Wenn gar nicht bekannt und begründbar ist, ob und warum eine bestimmte Vermögenslage der Beteiligten zu einer Erhöhung oder Minderung des Schmerzensgelds führen soll, kann auch nicht überprüft werden, ob dies im Einzelfall zutreffend geschehen ist oder hätte geschehen müssen. Der Hinweis, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse (nur) berücksichtigt werden „können“, also dürfen, führt insoweit nicht weiter, denn wenn ein Umstand berücksichtigt werden darf, müssen die Kriterien bekannt sein, nach denen dies der Fall ist.

a) Lediglich im Hinblick auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers ist insoweit ein Maßstab erkennbar: Nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen soll der Gedanke des Ausgleichs „unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit“ im allgemeinen nicht dazu führen dürfen, „den Schädiger in schwere und nachhaltige Not zu bringen“ (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 159 f.; vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 1961 - VI ZR 112/60, VersR 1961, 727, 728). Auch nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll durch die Berücksichtigung der finanziellen Lage des Schädigers insbesondere verhindert werden, dass die Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes zu einer „unbilligen Härte“ für diesen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1992 - 3 StR 478/92, BGHR StPO § 403 Anspruch 3; Senat, Beschluss vom 9. Juni 1993 - 2 StR 232/93, BGHR StPO § 403 Anspruch 4; Beschluss vom 25. November 1998 - 2 StR 496/98; Beschluss vom 24. Februar 2011 - 2 StR 461/10; Beschluss vom 23. Februar 2012 - 4 StR 602/11); die Existenz des Schädigers soll durch die Inanspruchnahme nicht bedroht oder vernichtet werden (OLG Koblenz, Urteil vom 20. Juli 2015 - 12 U 948/14). Von daher ist die Vermögenslosigkeit des Schädigers grundsätzlich als ein ermäßigender Umstand anzusetzen (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1998, 534, 535).

Dieser Grundsatz erfährt jedoch zahlreiche Ausnahmen:

aa) Die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers sind von vornherein ohne Bedeutung, wenn eine Haftpflichtversicherung des Schädigers für den Schaden eintritt. Denn in diesem Fall belasten die wirtschaftlichen Folgen der Tat den Schädiger und die Familiengemeinschaft nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 165 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 20. Juli 2015 - 12 U 948/14, juris Rn. 18).

bb) Ungeachtet dessen, dass das Schmerzensgeld grundsätzlich nicht zum wirtschaftlichen Ruin und zur Zerstörung der Existenz des Schädigers führen soll, darf die fehlende Leistungsfähigkeit nicht zur Folge haben, von der Verhängung eines Schmerzensgeldes ganz abzusehen oder dem Geschädigten nur ein der Tat völlig unangemessenes, letztlich nur „symbolisches Schmerzensgeld“ zuzuerkennen. Auch bei der anspruchsmindernden Berücksichtigung der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse muss das Schmerzensgeld noch als angemessene Reaktion auf die Schwere der zugefügten Verletzungen und Leiden angesehen werden. Schutz vor dem Ruin des Verurteilten bieten insoweit die gesetzlichen Grenzen, die der Vollstreckung gesetzt sind (OLG Köln, VersR 2002, 65; KG Berlin, Urteil vom 29. Juli 2004 - 8 U 54/04; vgl. auch LG Dresden, Urteil vom 7. April 2006 - 10 O 3131/05). Auch bei dem vermögenslosen Schädiger kann daher die Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse niemals zur Befreiung von der Entrichtung eines Schmerzensgeldes führen, da die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers immer nur ein Umstand, und keineswegs der wichtigste, unter zahlreichen anderen sind, die Berücksichtigung verlangen (vgl. schon BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 160).

cc) Auch bei schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Schädigers steht darüber hinaus immer auch die Notwendigkeit der Genugtuung und des Ausgleichs der Schäden im Vordergrund. Die schlechte Wirtschaftslage des Schädigers kann daher je nach Anlass des Schadensereignisses, insbesondere nach dem Grad des Verschuldens, stärkeres oder schwächeres anspruchsminderndes Gewicht haben. Dabei können ein besonders verwerfliches Verhalten des Schädigers, wie rücksichtsloser Leichtsinn oder gar Vorsatz, den Gedanken weitgehend zurückdrängen, ihn vor wirtschaftlicher Not zu bewahren (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 159 f.). Insbesondere bei Vorsatztaten kommt daher der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schädigers bei der Bemessung des Schmerzensgeldes letztlich keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. OLG Bremen, NJW-RR 2012, 858, 859; Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 6. Aufl., Rn. 1348; Hacks/Wellner/Häcker ADAC Schmerzensgeldbeträge 2012, 30. Aufl., S. 18, Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253 Rn.17 mwN.). Auch kann, je geringer der zum Ausgleich benötigte Betrag ist, umso eher von der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers abgesehen werden (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 159 f.).

dd) Letztlich können aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten in diesem Zusammenhang Bedeutung gewinnen: Befindet sich der Geschädigte in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, so kann es bei wirtschaftlicher Schwäche des Schädigers billig erscheinen, von den Ermessensmöglichkeiten zu seinen Gunsten Gebrauch zu machen. Andererseits kann es bei (ebenso) schlechter wirtschaftlicher Lage des Geschädigten billig erscheinen, von den Ermessensmöglichkeiten zugunsten des Schuldners in geringerem Maße Gebrauch zu machen (BGHZ 18, 148, 159).

b) Demgegenüber können nach dem Großen Senat für Zivilsachen besonders günstige wirtschaftliche Verhältnisse des Schädigers es zwar grundsätzlich „billig erscheinen“ lassen, die Entschädigung im Rahmen des richterlichen Ermessensspielraums höher festzusetzen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 159 f.). Doch Anwendungsbeispiele finden sich indes kaum und auch Kriterien zur Bemessung des Schmerzensgelds bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen haben sich in der Praxis nicht herausgebildet.

Soweit die günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers ausdrücklich berücksichtigt werden, geschieht dies regelmäßig nur in allgemeiner Form (vgl. etwa BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307), ohne dass erkennbar wäre, warum und inwieweit dies aus Gründen der Genugtuung geboten war. Beim Fiskus jedenfalls sind die „wirtschaftlichen“ Verhältnisse wertneutral. Sie sprechen weder zugunsten noch zu Lasten des verpflichteten Fiskus. Der Fiskus kann sich hier nie auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse berufen, gerade so wenig wie der Geschädigte sich auf besonders günstige wirtschaftliche Verhältnisse des auf Schmerzensgeld haftenden Fiskus berufen kann (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 162 f.).

c) Deutlich schwieriger gestaltet sich das Finden eines Maßstabs im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten.

Der Große Senat für Zivilsachen weist in seiner Grundsatzentscheidung zwar darauf hin, dass bei „besonders günstigen Vermögensverhältnissen“ des Geschädigten die Ausgleichsfunktion gegenüber der Genugtuungsfunktion zurücktreten könne, da dem Schädiger ein Ausgleich durch finanzielle Mittel in diesen Fällen ohnehin unmöglich sei. Andererseits hält er es aber auch für möglich, dass im Einzelfall bei einem wirtschaftlich günstig gestellten Geschädigten aus genau diesem Grund eine Anhebung des Schmerzensgeldes erforderlich sein könne (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 159).

Um aber beurteilen zu können, ob und inwieweit aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten eine Erhöhung oder Absenkung des Schmerzensgelds erforderlich ist, bedürfte es regelmäßig Feststellungen dazu, ob und inwieweit dem Geschädigten durch die Zahlung eines Schmerzensgelds vor dem Hintergrund seiner finanziellen Verhältnisse Genugtuung verschafft werden kann. Objektive Kriterien dafür, dies zu beurteilen, sind indes nicht ersichtlich.

Es verwundert daher nicht, dass sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang kein Anwendungsfall findet, in dem die guten wirtschaftlichen Verhältnisse ausdrücklich deshalb anspruchsmindernd oder -erhöhend berücksichtigt wurden, weil entweder die Zahlung eines Schmerzensgelds dem Geschädigten keine Genugtuung oder weil nur die Zahlung eines besonders hohen Schmerzensgelds dem Geschädigten überhaupt Genugtuung verschaffen könnte. Soweit die „guten wirtschaftlichen Verhältnisse“ des Geschädigten bei der Bemessung des Schmerzensgelds eingestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1958 - I ZR 151/56, BGHZ 26, 349, 359) und in diesem Zusammenhang auch die Genugtuungsfunktion berücksichtigt wird (vgl. LG Lüneburg, Urteil vom 13. Februar 2015 - 27 Ks 11/14, 27 Ks 1501 Js 25327/14 (11/14), juris Rn. 56), ist regelmäßig nicht erkennbar, ob die gute Vermögenslage des Geschädigten anspruchserhöhend oder -mindernd wirkten.

Was den Fall betrifft, dass der Geschädigte in schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, ist ein Maßstab dafür auch im Hinblick auf die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgelds weder vom Großen Senat für Zivilsachen noch von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelt worden. Sie gewinnen nach bisheriger Rechtsprechung überhaupt nur in Relation zu den Vermögensverhältnissen des Schädigers an Bedeutung. Danach kann es bei schlechter wirtschaftlicher Lage des Geschädigten billig erscheinen, von den Ermessensmöglichkeiten zugunsten des Schuldners in geringerem Maße Gebrauch zu machen als bei guter wirtschaftlicher Lage des Geschädigten (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 159 f.).

Keiner Berücksichtigung bedürfen die wirtschaftlichen Verhältnisse demgegenüber, wenn eine Haftpflichtversicherung beim Schädiger besteht (vgl. BGHZ 18, 149, 165 f.; OLG München, NJW-RR 2013, 800, 802).

Letztlich lässt weder die Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Zivilsachen noch die nachfolgende obergerichtliche Rechtsprechung überhaupt Kriterien erkennen, nach denen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten für sich genommen anspruchsmindernd oder -erhöhend wirken können. Es wird zwar - wie auch in dem der Vorlage zugrunde liegenden Verfahren 2 StR 337/14 - vielfach ausgeführt, dass das Gericht auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten berücksichtigt habe, ohne dass aber erkennbar wäre, in welcher Form dies geschehen ist.

d) Es bleibt daher auch 60 Jahre nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen in vielen Konstellationen unklar, in welchen konkreten „Einzelfällen“ die Vermögensverhältnisse des Beteiligten überhaupt zu einer Erhöhung oder Verminderung des Schmerzensgeldes führen können (vgl. auch Vieweg/Lorz in jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 253 Rn. 75).

Fehlt aber ein Maßstab dafür, in welcher Form die wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt werden dürfen, kann das Tatgericht schon nicht beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen von einer Erörterung abgesehen werden kann. Auch revisionsrechtlich kann dies nicht überprüft werden, zumal dann, wenn auch Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten nur unzureichend oder gar nicht getroffen werden.

Aber auch dann, wenn „Anhaltspunkte für außergewöhnliche wirtschaftliche Verhältnisse“ bzw. dafür, dass sie „nach unten oder oben“ irgendwelche Besonderheiten aufweisen, fehlen, worauf in der Praxis vielfach abgestellt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Januar 1999 - 3 StR 602/98, NStZ 1999, 260, 261; Urteil vom 7. Februar 1995 - 1 StR 668/94, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 3), kann ein Einfluss der wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Bemessung des Schmerzensgeldes nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden. Denn soweit überhaupt Maßstäbe entwickelt wurden, kann ein Einfluss nur bei annähernd gleichen und als durchschnittlich zu bewertenden wirtschaftlichen Verhältnissen von Schädiger und Geschädigten von vornherein ausgeschlossen sein. Werden aber die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten in den Urteilsgründen nicht geschildert, kann auch dies letztlich nicht beurteilt werden.

Das gleiche gilt in Fällen, in denen die wirtschaftlichen Verhältnisse nur floskelhaft berücksichtigt werden, ohne dass erkennbar wäre, ob diese anspruchsmindernd, anspruchserhöhend oder wertneutral gewirkt haben. Eine revisionsrechtliche Überprüfung ist hier von vornherein ausgeschlossen.

III.

Die streitige Rechtsfrage ist daher gemäß § 132 Abs. 2 und 3 GVG den Vereinigten Großen Senaten vorzulegen, weil der Senat nicht nur von anderen Strafsenaten, sondern auch vom Großen Senat für Zivilsachen abweichen will. Die Vorlage erfolgt zudem wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 4 GVG (vgl. Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht, 3. Aufl., § 132 GVG, Rn. 16; a.A. Franke in Löwe-Rosenberg, StPO, § 132 GVG, Rn. 41, dem nach aber der jeweilige Große Senat die Sache den Vereinigten Großen Senaten vorlegen kann).

Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die beabsichtigte Entscheidung des Senats auch ergebnisrelevant und deshalb erheblich.

1. Der Senat beabsichtigt, die im Verfahren 2 StR 137/14 eingelegte Revision auch im Hinblick auf die Adhäsionsentscheidung zu verwerfen, weil die Bemessung des Schmerzensgelds unter Außerachtlassung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und der Geschädigten nicht zu beanstanden ist.

Auf Basis der bisherigen Rechtsprechung wäre demgegenüber - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - der Adhäsionsausspruch der Höhe nach rechtsfehlerhaft gewesen, mit der Folge, dass die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs nur dem Grunde nach hätte aufrechterhalten und im Übrigen von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag hätte abgesehen werden müssen. Zwar geht die Rechtsprechung lediglich dahin, dass die Verhältnisse berücksichtigt werden „können“. Wenn aber ein Umstand berücksichtigt werden „kann“, muss das Tatgericht in den Urteilsgründen regelmäßig auch erkennen lassen, dass es diesen Umstand in den Blick genommen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 StR 100/10, NStZ-RR 2010, 344). Von einer Erörterung kann ausnahmsweise nur dann abgesehen werden, wenn sich diese unter keinen Umständen aufdrängt. Dies setzt indes zumindest Feststellungen des Tatgerichts zu den konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten voraus.

Vorliegend ist nicht erkennbar, dass das Tatgericht überhaupt bedacht hat, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten bei der Bemessung des Schmerzensgelds Berücksichtigung finden können. Der Senat vermag angesichts der im vorliegenden Fall festgestellten Vermögensverhältnisse des Angeklagten (Nettoeinkommen von 1.200 Euro) eine Erörterungspflicht, die sich zu seinen Gunsten auswirken könnte, nicht zu verneinen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. September 2014 - 3 StR 325/14, und vom 18. Juni 2014 - 4 StR 217/14; Senat, Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 503/13). Auch eine Beschwer des Angeklagten im Hinblick auf die fehlende Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenklägerinnen kann der Senat nicht ausschließen, da schon entsprechende Feststellungen zu deren Lebens- und Vermögensverhältnissen, die diesen Schluss zulassen könnten, fehlen (so Senat, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 137/14). Entsprechend kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Vermögensverhältnisse der Geschädigten hätten anspruchsmindernd wirken können.

2. Im Verfahren 2 StR 337/14 wäre die ergangene Adhäsionsentscheidung der Höhe nach (wie auch der Feststellungsausspruch) rechtsfehlerhaft, weil das Tatgericht bei Bemessung des Schmerzensgelds unter anderem auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten berücksichtigt hat. Der Senat beabsichtigt daher, die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach aufrechtzuerhalten und von einer weiteren Entscheidung über den Adhäsionsantrag tragend schon deshalb abzusehen, weil das Landgericht bei der Bemessung des Schmerzensgelds rechtsfehlerhaft auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten berücksichtigt hat und der Senat nicht ausschließen kann, dass ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf ein niedrigeres Schmerzensgeld erkannt worden wäre. Da der Senat die Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse schon an sich für verfehlt hält, kann insoweit dahinstehen, ob - wie der Generalbundesanwalt meint - der Rechtsfehler erst darin zu sehen ist, dass das Landgericht in Bezug auf den Angeklagten unzureichende und in Bezug auf die Geschädigte gar keine Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen getroffen hatte.

Demgegenüber wäre die Adhäsionsentscheidung jedenfalls im Ansatz nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstanden, da die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten möglich ist.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 808

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede