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HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 50

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 93/11, Urteil v. 28.09.2011, HRRS 2012 Nr. 50


BGH 2 StR 93/11 - Urteil vom 28. September 2011 (LG Gera)

Schwerer Bandendiebstahl (Bezug der Tat zur Bandenrede; Bandidos); Beweiswürdigung (Grenzen der Revisibilität; Freispruch).

§ 244a StGB; § 244 StGB; § 243 StGB; § 261 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Bande i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Zahl von Diebstählen verbunden haben (BGHSt [GS] 46, 321, 325). Erforderlich ist eine - ausdrücklich oder konkludent getroffene - Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzuschließen (BGHSt 50, 160, 164; BGH wistra 2010, 347).

2. Zwar kann nach vorheriger Bandenabrede eine von nur zwei Mitgliedern verübte Tat als Bandentat zu qualifizieren sein, da das für das Vorliegen einer Bande erforderliche dritte Mitglied nicht in die konkrete Tatbegehung eingebunden sein muss. Voraussetzung für die Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds jedoch, dass die Einzeltat Ausfluss der Bandenabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt wird (BGH NStZ 2006, 342 f.; NStZ-RR 2011, 245; StV 2011, 410, 411).

3. Der bandenmäßigen Begehung steht es aber nicht entgegen, wenn die Tatbeute lediglich zwischen den unmittelbar Beteiligten der jeweiligen Einzeltat und nicht innerhalb der an der Bandenabrede Beteiligten aufgeteilt wird (vgl. BGH NStZ 2006, 574). Ebenso schadet es nicht, wenn nicht festgestellt werden kann, ob über die beiden tatbeteiligten Bandenmitglieder hinaus ein weiteres Bandenmitglied Kenntnis von der Begehung der Taten hatte.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 2. Juni 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 37 der Urteilsgründe des Diebstahls schuldig ist.

Die weitergehende Revision des Angeklagten B. wird verworfen.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird im Fall II. 37 der Urteilsgründe, soweit es den Angeklagten B. betrifft, eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten festgesetzt.

3. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten B. sowie die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten K., S. und H. werden als unbegründet verworfen.

4. Jeder Revisionsführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Staatskasse hat die den Angeklagten K., B., S. und H. durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht Gera hat die Angeklagten wie folgt schuldig gesprochen: - den Angeklagten K. des schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen (Fälle II. 2, 5, 19-22, 24, 34, 45-48), wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb, sowie des versuchten Diebstahls (Fall II. 23) - den Angeklagten B. des schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen (Fälle II. 10-12, 35, 41), des Bandendiebstahls (Fall II. 37), der Sachbeschädigung (Fall II. 35) und der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Fall II. 35) - den Angeklagten S. des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 50) sowie des Diebstahls (Fall II. 37) - den Angeklagten H. des schweren Bandendiebstahls in drei Fällen (Fall II. 31, 32, 36), wobei es in einem Fall beim Versuch blieb.

Es hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:

- den Angeklagten K.

o in Bezug auf die Fälle II. 2, 5 und 20 unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten

o in Bezug auf die Fälle II. 19, 21-24, 34, 45-48 unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten - den Angeklagten B. zu einer Gesamtfreiheitstrafe von fünf Jahren

- den Angeklagten S.

o in Bezug auf den Fall II. 37 unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten

o in Bezug auf den Fall II. 50 zu einer Freiheitstrafe von einem Jahr und neun Monaten

- den Angeklagten H. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten.

Vom Vorwurf des schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 1 StGB) hat das Landgericht den Angeklagten K. in acht Fällen (Fälle 6, 8, 13-16, 51 und 53 der Anklage), den Angeklagten B. in sechs Fällen (Fälle 9, 17, 18, 40, 42 und 44 der Anklage), den Angeklagten S. in vier Fällen (Fälle 9, 17, 18 und 42 der Anklage) und den Angeklagten H. in einem Fall (Fall 28 der Anklage) freigesprochen. Vom Vorwurf des versuchten schweren Bandendiebstahls (§§ 244a Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) hat es den Angeklagten K. in einem Fall (Fall 52 der Anklage), den Angeklagten H. in zwei Fällen (Fälle 27 und 29 der Anklage) und vom Vorwurf des versuchten Raubs hat es den Angeklagten S. in einem Fall (Fall 38 der Anklage) freigesprochen.

Der Angeklagte B. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts und hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie die Verurteilung wegen Bandendiebstahls im Fall II. 37 angreift. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten B. unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts gegen einen Teil der Freisprüche (betreffend den Angeklagten K. in den Fällen II. 6, 13-16 und 51-53, den Angeklagten B. in den Fällen II. 9, 17, 18, 40 und 42, den Angeklagten S. in den Fällen II. 9, 17, 18 und 42 und den Angeklagten H. in den Fällen II. 27-30). Daneben erstrebt sie im Fall II. 37 die Verurteilung der Angeklagten B. und S. wegen schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a StGB und beanstandet die unterbliebene Festsetzung einer Einzelstrafe betreffend den Angeklagten B. sowie die verhängte Gesamtstrafe. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist - soweit sie sich gegen einen Teil der erfolgten Freisprüche wendet - unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO. Im Übrigen führt sie im Fall II. 37 bei Verwerfung im Übrigen lediglich hinsichtlich des Angeklagten B. zur Festsetzung einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte es sich bei den Angeklagten und deren Mittätern um Mitglieder bzw. Anhänger des Motorradclubs "MC Bandidos J. " bzw. der diesen unterstützenden "Chicanos" in A.

1. Angesichts ihrer geringen finanziellen Einkünfte und des kostspieligen Clublebens entschlossen sich U. und F., beide Vollmitglieder im "MC Bandidos J. ", etwa im August 2007, sich durch die Begehung von Einbruchsdiebstählen Geld zu verschaffen. Ziel war es, im Bundesgebiet in Supermärkte, Verbrauchermärkte und Tankstellen einzubrechen und Bargeld und teilweise Zigaretten bzw. Tabak zu entwenden. Zunächst schlossen sich U. und F. mit dem Angeklagten K. zusammen; in der Folgezeit, noch vor dem 3. November 2007, kamen der Angeklagte B. und der Mitangeklagte R. hinzu. Schließlich schlossen sich auch der Angeklagte H. und der Mitangeklagte He. der Gruppe an.

Innerhalb der Bande bildeten sich verschiedene Untergruppen, die die einzelnen Taten begingen. Mit dem Angeklagten B. begingen U. und F. die Einbruchsdiebstähle in den Fällen II. 10-12. Zudem unternahm der Angeklagte B. mit U. ohne Mitwirkung von F. zwei Einbruchsdiebstähle (Fälle II. 37, 41), wobei in einem Fall der Angeklagte S. beteiligt war, ohne Bandenmitglied zu sein (Fall II. 37). Daneben, noch vor dem 3. November 2007, bildete sich eine weitere Gruppierung, bestehend aus den Angeklagten B., dem Mitangeklagten R. und dem gesondert Verfolgten Fr., die in gleicher Weise Einbruchsdiebstähle verübten. In einem Fall begingen die Angeklagten B. und R. zusammen mit Sch. einen Einbruchsdiebstahl (Fall II. 35).

2. Ab Mitte Juni 2008 nahm U. nicht mehr an Einbrüchen teil, nachdem er am 14. Juni 2008 einen schweren Motorradunfall erlitten hatte. Danach vereinbarten der Angeklagte K. und der Mitangeklagte He., der sich einer der genannten Gruppen anschließen wollte, zukünftig gemeinsame Einbruchsdiebstähle zu begehen. Entsprechend dieser Vereinbarung kam es in der Folgezeit zu Einbruchsdiebstählen beider Angeklagter unter Beteiligung des Mitangeklagten Kr. bzw. der gesondert Verfolgten P.

3. Die Einbrüche fanden regelmäßig dergestalt statt, dass die Täter mit einem Transporter, den sie häufig kurze Zeit zuvor angemietet hatten, zum Tatort fuhren. Zudem führten sie Einbruchswerkzeug bei sich, mit dem sie sich Zugang zu den Objekten verschafften. Sie entwendeten Bargeld und teilweise auch Zigaretten. Sofern Tresore vorhanden waren, lösten sie diese aus ihrer jeweiligen Verankerung und nahmen sie mit. In nahe gelegenen Waldstücken öffneten sie diese und entnahmen die Wertgegenstände. Die erbeuteten Geldbeträge bewegten sich im zwei- bis vierstelligen Bereich.

4. U. schied am 26. August 2008 aus dem "MC Bandidos J. " aus. Hintergrund hierfür war, dass F. mit der Freundin von U. ein intimes Verhältnis begonnen hatte. F. wurde am 25. August 2008 deshalb aus dem "MC Bandidos J." ausgeschlossen und tötete sich noch in derselben Nacht selbst. Da U. Repressalien befürchtete, wandte er sich an die Polizei und sagte umfangreich gegen Mitglieder und Anhänger des "MC Bandidos J. " aus.

5. Das Landgericht hat in einer Reihe von angeklagten Fällen aus tatsächlichen Gründen von einer Verurteilung der Angeklagten abgesehen. Zum einen ist das Landgericht in den Fällen zu Freisprüchen gelangt, in denen zum Tatnachweis lediglich die durch Funkzellendaten der Handyortung belegte Anwesenheit des jeweiligen Angeklagten in Tatortnähe zur Verfügung stand (Fälle 6, 13-15 der Anklage betreffend den Angeklagten K. ; Fälle 27-30 und 51 der Anklage betreffend den Angeklagten H.). Zum anderen hat das Landgericht die Angeklagten in den Fällen freigesprochen, in denen als Beweismittel nur die Angaben des Zeugen U. vorhanden waren und es sich aufgrund der Detailarmut und Pauschalität seiner Aussage oder deren Widersprüchlichkeit nicht von der Täterschaft der Angeklagten hat überzeugen können (Fälle 9, 17, 18, 42 der Anklage betreffend die Angeklagten B. und S.; Fall 40 der Anklage betreffend den Angeklagten B.; Fälle 16, 52, 53 der Anklage betreffend den Angeklagten K.).

II. Revision des Angeklagten B.

Die Revision des Angeklagten B. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung dargelegten Gründen unbegründet.

1. Die Revision des Angeklagten B. hat Erfolg, soweit sie im Fall II. 37 die Verurteilung wegen Bandendiebstahls angreift. Insoweit fehlt es an einer bandenmäßigen Begehung der Tat. Der Angeklagte B. hat sich lediglich wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Insoweit war der Schuldspruch zu berichtigen.

a) Das Landgericht hat im Fall II. 37 festgestellt, dass der Angeklagte B. und der Zeuge U. die Absicht hatten, in E. ein Bordell zu eröffnen. Als sie am 12. März 2008 in Begleitung des Angeklagten S. bei "I." in E. Gegenstände zur Einrichtung des Bordells erwarben, stießen sie auf eine ihnen passend erscheinende Couchgarnitur und entschlossen sich spontan, diese zu entwenden. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich beide u.a. mit F., aber auch mit dem Angeklagten R. verabredet, als Bande gemeinsam (Einbruchs-)Diebstähle zu begehen (UA S. 72).

b) Diese Feststellungen reichen für die Annahme eines schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a StGB nicht aus. Zwar kann nach vorheriger Bandenabrede eine von nur zwei Mitgliedern verübte Tat als Bandentat zu qualifizieren sein; denn das für das Vorliegen einer Bande erforderliche dritte Mitglied muss nicht in die konkrete Tatbegehung eingebunden sein. Voraussetzung für die Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds jedoch, dass die Einzeltat Ausfluss der Bandenabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt wird (BGH NStZ 2006, 342 f.; NStZ-RR 2011, 245; StV 2011, 410, 411).

Ein solcher konkreter Bezug der Tat lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Diebstahl der Couchgarnitur bezweckte nicht die Umsetzung der Bandenabrede, die allein darauf gerichtet war, durch gemeinsame Einbruchsdiebstähle in den Besitz von Bargeld und sonstigen Wertgegenständen zur Finanzierung des Lebensunterhalts zu gelangen. Die Tat im Fall II. 37, die sich als (einfacher) Diebstahl schon von ihrer Begehungsweise her von den verabredeten Bandentaten unterscheidet und zu der sich die Tatbeteiligten spontan entschlossen, war dagegen darauf gerichtet, für das allein gemeinsam von dem Angeklagten B. und dem Zeugen U. - ohne Beteiligung der übrigen Bandenmitglieder - geplante Bordell eine Couchgarnitur zu erlangen.

Insoweit lag der begangene Diebstahl ausschließlich im eigenen Interesse der handelnden Täter. Der Angeklagte B. beging daher lediglich einen Diebstahl. Der Senat schließt angesichts des gegenüber den üblichen Bandentaten abweichenden Tatablaufs und der unterschiedlichen Tatmotivation aus, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, die zur Annahme einer auf die Tat im Fall II. 37 bezogenen Bandenabrede führen. Da nicht zu sehen ist, wie sich der Angeklagte B. in tatsächlicher Hinsicht anders hätte verteidigen können, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend geändert.

2. Soweit die Revision auch die Verurteilung des Angeklagten B. wegen Bandendiebstahls in den Fällen II. 35 und 41 beanstandet, ist sie unbegründet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts brachen der Angeklagten B. und der Zeuge U. zwei Tage nach dem Diebstahl bei "I. " in E. (Fall II. 37) in der Nacht vom 13. zum 14. März 2008 in den N.-Markt in E. ein und erbeuteten 427,56 € sowie Tabakwaren (Fall II. 41). Die Angeklagten B. und R. brachen in Begleitung des Mitangeklagten Sch. am 24. April 2008 in den NK. -Markt und den Schl. -Markt in Ei. ein und erbeuteten einen Geldbetrag von 2.618,21 € (Fall II. 35).

Diese Feststellungen tragen in beiden Fällen die Verurteilung wegen einer Bandentat.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht in beiden Fällen eine Bandenabrede angenommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Bande i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Zahl von Diebstählen verbunden haben (BGHSt [GS] 46, 321, 325). Erforderlich ist eine - ausdrücklich oder konkludent getroffene - Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzuschließen (BGHSt 50, 160, 164; BGH wistra 2010, 347).

Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht im Fall II. 41 vom Vorliegen einer Bandenabrede zwischen U., B. und F. bzw. R. ausgegangen (UA S. 72). Noch rechtsfehlerfrei stellt das Landgericht auch betreffend Fall II. 35 fest, dass es neben der Bande um U. und F. eine weitere als Bande anzusehende Gruppe, bestehend aus den Angeklagten B., R. und dem gesondert Verfolgten Fr., gab, die sich vor dem 3. November 2007 zur künftigen Begehung von Einbruchsdiebstählen verabredet hatte (UA S. 48, 66, 85).

b) Die Feststellungen tragen - gemessen an dem bereits aufgezeigten Maßstab (oben II. 1.) - auch die bandenmäßige Begehungsweise der jeweiligen Einzeltat. Die in den Fällen II. 35 und 41 begangenen Taten sind den üblichen Bandentaten vergleichbar: Es handelt sich um Einbruchsdiebstähle, die der Finanzierung des Lebensunterhalts der Tatbeteiligten dienten. Die Taten in den Fällen II. 41 und 35 wurden anders als im Fall II. 37 auch nicht losgelöst von der Bandenabrede ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt, sondern waren Ausfluss der Bandenabrede, die darauf abzielte, zukünftig gemeinsam Einbruchsdiebstähle zur Finanzierung des Lebensunterhalts zu begehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Tatbeute lediglich zwischen den unmittelbar Beteiligten der jeweiligen Einzeltat und nicht innerhalb der an der Bandenabrede Beteiligten aufgeteilt wurde (vgl. BGH NStZ 2006, 574). Schließlich schadet es nicht, dass das Landgericht nicht festgestellt hat, dass über die beiden tatbeteiligten Bandenmitglieder hinaus ein weiteres Bandenmitglied Kenntnis von der Begehung der Taten hatte. Dass zur Zeit der Tatbegehung womöglich nur zwei Bandenmitglieder Kenntnis von der Tatbegehung hatten, stellt weder das Vorliegen der zuvor getroffenen Bandenabrede noch den Umstand in Frage, dass diese Tat angesichts der festgestellten Tatumstände und konkreten Tatmotivation Ausfluss der Bandenabrede gewesen ist (vgl. BGH NStZ 2006, 342 f.).

3. Im Ergebnis ohne Erfolg beanstandet schließlich die Revision, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Lasten ein Bewährungsversagen berücksichtigt hat. Zwar hat das Landgericht diesen Umstand rechtsfehlerhaft in der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet.

Die Bewährungszeit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 23. Mai 2002 endete bereits am 15. September 2007 und damit vor den von dem Angeklagten B. in der Zeit vom 12. März bis 25. April 2008 begangenen Taten. Bei dieser Sachlage erweist sich die Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte B. habe "sich als Bewährungsversager präsentiert" (UA S. 193), als rechtsfehlerhaft, da eine "laufende Bewährung" zu den Tatzeitpunkten trotz des noch ausstehenden Beschlusses über den Erlass der Strafe nicht mehr bestand (vgl. BGH StV 1991, 557). Der Senat kann jedoch ausschließen, dass sich diese Annahme des Landgerichts bei der Bemessung der Strafen im Ergebnis für ihn nachteilig ausgewirkt hat, da das Landgericht rechtsfehlerhaft zu seinen Gunsten das Erleiden von Untersuchungshaft bis zur Urteilsverkündung berücksichtigt hat (UA S. 192). Der Vollzug von Untersuchungshaft stellt bei Fehlen überdurchschnittlicher Belastungen des Täters aber keinen Nachteil für den Angeklagten dar, da die Untersuchungshaft nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH NStZ 2006, 620, 621). Überdurchschnittlich belastende Umstände hat das Landgericht jedoch nicht dargetan.

III. Revision der Staatsanwaltschaft

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet, soweit sie sich gegen die ergangenen Freisprüche der Angeklagten wendet. Die Überprüfung des Urteils deckt insoweit keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf. Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei.

Gemäß § 261 StPO entscheidet über das Ergebnis der Beweisaufnahme das Tatgericht. Spricht es einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders würdigt oder Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, etwa hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelsatzes, wenn sie lückenhaft, widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 2010, 102, 103 mwN).

Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht dargetan. Das Landgericht hat auch keine überspannten Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt und alle relevanten Umstände in eine umfassende Würdigung einbezogen; die jeweils gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich. Dabei hat es auch berücksichtigt, dass die durch die Funkzellendaten im Einzelfall belegte Anwesenheit in Tatortnähe für die Täterschaft eines Angeklagten sprechen kann. Soweit es diese als alleinigen Nachweis der Täterschaft nicht als ausreichend angesehen hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch soweit das Landgericht Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten in den Fällen, in denen die Aussage des Zeugen U. - als einziges Beweismittel - detailarm oder widersprüchlich war, nicht zu überwinden vermochte, begründet dies keinen Rechtsfehler.

2. a) Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auch erfolglos, soweit sie im Fall II. 37 die Verurteilung der Angeklagten B. und S. wegen § 244a StGB begehrt.

aa) Hinsichtlich des Angeklagten B. kommt dies - wie bereits oben unter II. 1. dargelegt - schon deshalb nicht in Betracht, da es - entgegen der landgerichtlichen Annahme - insoweit an einer bandenmäßigen Tatbegehung fehlt. Soweit der Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten B. im Fall II. 37 auf die Revision des Angeklagten geändert wurde (siehe oben II. 1.), kommt es darauf, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), nach dem entsprechenden Teilerfolg der Angeklagtenrevision nicht mehr an (BGH, Urteil vom 15. Juli 2008 - 1 StR 144/08).

bb) Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) im Fall II. 37 ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler bei dem Angeklagten S. die Eigenschaft als Bandenmitglied verneint, so dass eine Verurteilung gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB oder § 244a Abs. 1 StGB nicht in Betracht kam.

b) Dagegen hat die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg, soweit im Fall II. 37 hinsichtlich des Angeklagten B. die Festsetzung einer Einzelstrafe unterblieben ist. Der Senat hat nach erfolgter Schuldspruchänderung gemäß § 354 Abs. 1 StPO entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung die gesetzlich niedrigste Strafe festgesetzt. Dabei ist der Senat von der Verwirklichung eines Diebstahls im besonders schweren Fall ausgegangen (§§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB). Der Angeklagte handelte auch im Fall II. 37 gewerbsmäßig. Im Rahmen der rechtlichen Wertung zu den Fällen II. 10-12 und 41 stellt das Landgericht fest, dass der Angeklagte B. gewerbsmäßig i.S.v. § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB gehandelt habe, da er jedenfalls einen Teil seines Lebensunterhalts durch die Begehung unbestimmt vieler Einbruchsdiebstähle habe finanzieren wollen (UA 29 30 31 - 17 - S. 185). Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte B. die Tat im Fall II. 37 etwa zwei Wochen vor den Taten in den Fällen II. 10-12 und zwei Tage vor der Tat im Fall II. 41 beging, ist auch im Fall II. 37 von einem gewerbsmäßigen Handeln auszugehen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die niedrigste Strafe beträgt drei Monate, § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB. Diese hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts festgesetzt.

c) Soweit die Staatsanwaltschaft sich hinsichtlich des Angeklagten B. wegen der unterbliebenen Einzelstrafenfestsetzung im Fall II. 37 auch gegen die verhängte Gesamtstrafe wendet, ist das Rechtsmittel unbegründet.

Der Senat schließt angesichts der Höhe der übrigen Einzelstrafen aus, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der im Fall II. 37 durch den Senat festgesetzten Einzelstrafe eine höhere Gesamtstrafe verhängt hätte.

HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 50

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2012, 172

Bearbeiter: Karsten Gaede